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Operation J-Pouch

J-Pouch Erfahrungsbericht #27: 4 Monate mit Pouch

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Wie versprochen kommt hier ein weiteres Update zu meinem J-Pouch. Mittlerweile sind 4 Monate seit der Stoma-Rückverlegung vergangen und ich habe mich gut an das neue Leben gewöhnt. Im Teil 27 des J-Pouch Erfahrungsberichts gibt es deshalb einen Überblick darüber, wie es mir derzeit geht und was mittlerweile alles wieder möglich ist.

Wie ich mich fühle

Dieser Punkt lässt sich relativ einfach zusammenfassen: Ich fühle mich derzeit richtig gut und so gesund wie lange nicht mehr. Ich bin vollständig beschwerdefrei und alles ist gut verheilt. Und was mir am meisten auffällt: Mein Körper hat wieder Kraft und Energie. Das merke ich sowohl im beruflichen Kontext als auch in der Freizeit oder beim Sport. Ohne Probleme bin ich wieder viel unterwegs, mache Sport oder arbeite.

An den Pouch habe ich mich gut gewöhnt und entsprechend angepasst. So fühle mich durch ihn nahezu überhaupt nicht eingeschränkt. Die Beobachtungen aus dem letzten Erfahrungsbericht haben sich auch erledigt: Mein Bauch grummelt nicht mehr, die Haut an den Narben ist gut verheilt und meine Schlafqualität hat durch die geringere Stuhlfrequenz auch wieder zugenommen. Insgesamt ist also wirklich alles in Ordnung und kann gerne so bleiben.

Wie oft ich aufs Klo muss

An dieser Stelle zeige ich einfach mal das aktualisierte Diagramm aus dem letzten J-Pouch Erfahrungsbericht:

Anzahl der Stuhlgänge im Verlauf seit meiner Entlassung. Rechts die farbigen Balken sind die jeweiligen Bereiche (Gesamt, Tagsüber, Nachts) für Durchschnittswerte von Patienten 1,5 Jahre nach der OP. [1]

Man kann sehr gut erkennen, wie es rund 80 Tage dauerte, bis der Pouch sich eingewöhnt hat. Ab da lag ich in einem Bereich von 4-7 Mal täglich, was interessanterweise exakt dem durchschnittlichen Wert aus der Studie entspricht [1]. Direkt im Anschluss hatte ich einen kleinen Infekt, der rund eine Woche lang alles ein wenig durcheinanderbrachte. Danach war ich aber ohne Medikation wieder fit und zurück im Zielbereich. Im Urlaub hatte ich keine Lust Protokoll zu führen, deshalb dort die Lücke. Insgesamt bleibt das Niveau seit dem Infekt aber konstant.

Dieser Verlauf ist natürlich höchst individuell und sicherlich nicht repräsentativ. Trotzdem zeigt er ganz gut, dass es nach der Stoma-Rückverlegung eine Menge Geduld braucht. Ich hatte das Gefühl, dass es bei mir sehr gut lief und ich mich schnell eingewöhnt hatte. Trotzdem hat diese Phase knapp 3 Monate gedauert. Lass also den Kopf nicht hängen, wenn es nach der letzten OP nicht direkt läuft. Laut den Ärzten kann die Eingewöhnung bis zu einem Jahr dauern.

Erwähnen möchte ich außerdem noch, dass ich nach wie vor keine Medikamente zur Reduktion der Stuhlfrequenz einnehme. Ich komme aktuell sehr gut klar und verzichte deshalb gerne vorerst, bzw. spare mir diese Option auf, falls es mal schlechter werden sollte.

Endlich wieder Sport

Rund 2 Monate nach meiner Entlassung habe ich wieder langsam mit Sport angefangen. Der hatte mir in den 2,5 Jahren Zwangspause zuvor mit Abstand am meisten gefehlt. Ich habe während der Zeit deutlich gemerkt, wie schlechte Auswirkungen der fehlende körperliche Ausgleich auf mich hatte. Umso glücklicher war ich, als ich endlich wieder trainieren konnte.

Die Ernüchterung setzte allerdings sehr sehr schnell ein. Von April bis September 2020, also direkt bevor mein letzter schwerer Schub begann und zu den OPs führte, bin ich noch wöchentlich 100-200km Rad gefahren, war in den Bergen wandern und habe Kraftsport gemacht. Einen Schub und 5 Operationen später fange ich komplett bei Null wieder an und kann absolut gar nichts mehr. Doch ich kann mit dem Pouch wieder trainieren, wenn auch erstmal nur angepasst:

Joggen

Beim Joggen ist mir klar, dass ich langsam wieder anfangen muss. Das Problem ist nur, dass ich nicht soooo langsam anfangen kann, wie ich es müsste. Insgesamt 3x gehe ich joggen, jeweils zwischen 4 und 6 km. Dabei laufe ich so langsam, wie ich nur kann (ca. 7min/km):

Trotzdem bin ich wortwörtlich direkt auf 180. Mein Puls geht durch die Decke und bleibt da auch. So macht Training langfristig keinen Sinn, da ich danach fertiger bin als vorher. Herz und Lunge sind zum Joggen noch viel zu schwach, weshalb ich damit auch direkt wieder aufhöre. Also erstmal anderweitig Fitness aufbauen, bevor ich es nochmal versuche.

Für den Start nach solchen OPs oder anderen körperlichen Rückschlägen empfehle ich auf jeden Fall das Training mit Pulsuhr. So kannst du sehen, wo du körperlich stehst und die Anstrengung danach ausrichten!

Radfahren

Radfahren ist die ideale Alternative zum Joggen, um die Ausdauer wiederaufzubauen. Statt zu joggen fahre ich deshalb jetzt Rad oder mache Spinning. Das klappt deutlich besser und habe ich mindestens genauso vermisst!

Trainingsfortschritt nach 4 Wochen Radfahren

Auf dem Rad kann ich sehr genau kontrollieren, dass ich im aeroben Pulsbereich bleibe und mich nicht direkt überlaste. Auf dem Spinning-Rad baue ich zudem Intervalle ein, um Herz und Lunge vorsichtig wieder zu trainieren:

Pulsverläufe beim Intervall-Training auf dem Spinning-Rad

Das Training auf dem Rad kann ich deshalb eindeutig empfehlen. Die Anstrengung ist leichter zu steuern, es gibt weniger Erschütterungen und beim Spinning kann man zusätzlich jederzeit aufs Klo, falls der Pouch noch nicht so weit ist. Ich muss aber sagen, dass ich damit beim Sport bisher null Probleme habe. Das Joggen und auch die 40km Radfahrt habe ich problemlos ohne Toiletten-Pause geschafft.

Krafttraining

Auch mit Krafttraining habe ich wieder angefangen, bin dort aber noch besonders vorsichtig. Da meine Bauchdecke durch den Bauchschnitt sehr geschwächt ist, trainiere ich bisher mit maximal 5kg Gewicht, mache nur ausgewählte Übungen (ohne Beteiligung der Bauchmuskeln) und trage zusätzlich eine Bandage um den Bauch, während ich trainiere. Anfangs hatte ich sie zusätzlich auch beim Joggen und Radfahren um. Sie komprimiert den Bauch und zwingt mich quasi dazu, den Bauch nicht in den Übungen zu benutzen:

Trotzdem macht das Training Spaß und hat schon jetzt gegen den, seit den OPs sehr verspannten, Rücken helfen können. Das geringe Gewicht gleiche ich vorerst durch sehr hohe Wiederholungszahlen der Übungen aus, um den Fokus des Trainings vorerst auf meine Ausdauer zu legen. Bisher klappt das sehr gut. Wie und wann ich die Gewichte erhöhen kann, weiß ich selber noch nicht, da es dazu sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Aus Vorsicht vor einem Narbenbruch werde ich es diesbezüglich aber langsam angehen lassen und bis mindestens Ende des Jahres die Bauchmuskeln schonen.

Entspannt unterwegs

Selbst an Tagen, an denen ich 7x aufs Klo gehe, kann ich dies sehr gut kontrollieren und auch mehrere Stunden verzögern. Deshalb bin ich in meiner Mobilität nicht eingeschränkt und nehme auch keine Rücksicht mehr. Anfangs war ich noch vorsichtiger und nervöser. Mittlerweile habe ich aber gemerkt, dass ich mich darauf verlassen kann und es kein Problem ist, wenn ich mal nicht direkt eine Toilette in der Nähe habe. Im Vergleich zur Colitis Ulcerosa ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht:

Mittlerweile kann ich genauso gut ganztags im Büro arbeiten wie auch bis früh morgens feiern gehen ohne ständig die nächste Toilette auszuchecken. Ich konnte schon 8h Bahnfahren, einen Städte-Urlaub machen, Essen gehen und viel viel mehr. Bei nichts davon hat mich der Pouch gestört oder aufgehalten.

Wie der Bauch aussieht

Auch hier gibt es ein Update analog zum letzten Teil:

Die Wunde vom Stoma ist gut verheilt und am Bauchschnitt hat sich nicht mehr viel getan. Ich habe keine Schmerzen mehr und das Narbengewebe wird zunehmend weicher. Also alles bestens!

Insgesamt bin ich absolut zufrieden und genieße es sehr, wie gut ich mich wieder fühle. Die Möglichkeit, wieder Sport machen zu können, war nochmal ein besonders großer Fortschritt. Ansonsten passiert tatsächlich nicht mehr viel und ich bin auf einem konstant guten Niveau angekommen. Jetzt heißt es einfach, dieses möglichst lange zu erhalten.

In einigen Tagen habe ich eine geplante Pouchoskopie, also eine Art Darmspiegelung für den Pouch. Dort wird kontrolliert, ob nicht nur mein Gefühl gut ist, sondern auch der tatsächliche Zustand des Pouchs. Sobald ich Ergebnisse habe, werde ich von der Untersuchung natürlich auch berichten. Außerdem plane ich, demnächst mal eine Woche lang versuchsweise Medikamente zum Senken der Stuhlfrequenz einzunehmen, um zu schauen, wie sehr sie sich auswirken. Damit könnte ich eventuell erreichen, dass ich nachts nicht aufstehen muss. Ich werde die Ergebnisse natürlich mit euch teilen.

Bis dahin,

Lasse

Quellen:
[1] Dafnis G: Functional Outcome and Quality of Life after Ileal Pouch-Anal Anastomosis within a Defined Population in Sweden. Dig Dis 2019;37:1-10. doi: 10.1159/000491921

Alle Beiträge der Serie „J-Pouch Erfahrungsbericht“ findest du auf der Übersichtsseite.

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    Eine Antwort auf „J-Pouch Erfahrungsbericht #27: 4 Monate mit Pouch“

    Hey Lasse,
    Schön von dir zu lesen und klasse das es so läuft!
    Bin schon gespannt wie die Medikamente wirken.
    Lebe und genieße weiter!
    Freu mich schon darauf von dir zu lesen 😉

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