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Colitis Ulcerosa Erfahrungsbericht: Björn (46)

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Der Verlauf einer Colitis Ulcerosa ist extrem individuell. Genauso sind es die Erfahrungen, die Patienten mit der Erkrankung machen. Um einen Einblick in solche Erfahrungen zu geben, erscheinen an dieser Stelle die Colitis Ulcerosa Erfahrungsberichte von Leserinnen und Lesern des Blogs. Heute berichtet Björn, der seit vielen Jahren mit Colitis Ulcerosa lebt. Obwohl er schon so einige Schübe überstanden und Medikamente ausprobiert hat, fühlte er sich durch die Krankheit nie wirklich eingeschränkt. Aktuell befindet er sich mit Remicade (Infliximab) glücklicherweise in der Remission. Danke Björn, dass du deine Erfahrungen teilst!

Du hast auch Erfahrungen mit Colitis Ulcerosa, Stoma oder Pouch und möchtest sie teilen? Schreibe mir hier eine Nachricht!

Allgemeines

Name: Björn
Alter: 46 Jahre

Erfahrungsbericht

Im Kleinkindalter wurde bei mir Neurodermitis festgestellt. Es folgte eine kurze Behandlung mit Kortison (was damals aber sehr verpönt war), dann mit „leichteren“ Salben und Bädern. Es folgte auch ein Kuraufenthalt in der Schweiz in einer Spezialklinik. Als 5-Jähriges Kind war dies ohne Eltern ein Horror für mich. In der Pubertät verschwand die Neurodermitis glücklicherweise komplett. Leider entwickelten sich stattdessen kurz darauf starker Heuschnupfen und Bronchialasthma. Beide Erkrankungen bestehen bis heute, machten mir aber eigentlich nie wirklich Probleme.


Im Alter von 18 Jahren bemerkte ich wenig (und im Vergleich zu später war es auch wirklich wenig) Blut am Toilettenpapier. Mal war es da, ganz oft auch nicht, Durchfälle hatte ich nicht, also machte ich mir irgendwie auch keine großen Sorgen (sehr blauäugig von mir).

Irgendwann, da war ich so 20 Jahre alt, erzählte ich meiner Freundin von dem „Problemchen“. Sie war sichtlich schockiert, wie ich das so einfach hinnehmen kann und hat mir keine Wahl gelassen. Also bin ich mit den Beschwerden (ja, es wurde langsam mehr Blut) zum Hausarzt. Dieser machte eine Prostatauntersuchung und hat mich an einen Gastroenterologen überwiesen. So kam ich dann mit 20 zu meiner ersten Proktoskopie und kurz danach zu meiner ersten Koloskopie. Zu dem Zeitpunkt musste ich drei Abführmittel trinken, wovon mir meine Freundin netterweise 1,5 Liter am Untersuchungstag mit warmen Wasser angemischt hat…..irgendwie hab ich´s runter bekommen.

Diese erste Koloskopie war der Horror für mich! Der Arzt weigerte sich, mir eine „Betäubung“ zu geben, also habe ich die Prozedur über mich ergehen lassen. Das Ergebnis war „vielleicht Colitis Ulcerosa…, vielleicht Morbus Crohn…, vielleicht aber auch gar nichts“. Mir wurden Mesalazin-Zäpfchen verschrieben und mehr Aufklärung gab es nicht.

Die Zäpfchen habe ich dann 3 Jahre lang erfolgreich eingenommen. Die Beschwerden waren in der Zeit komplett verschwunden. Kamen sie dann mal zurück, habe ich wieder einige Tage Zäpfchen genommen und so ging es weiter.

Mit 25 Jahren bekam ich immer häufiger Schmerzen in der linken unteren Bauchhälfte. Da nun 5 Jahre seit der letzten Koloskopie vergangen waren, habe ich erneut einen Termin über meinen Hausarzt zur Koloskopie gemacht. Diesmal aber im Krankenhaus und nicht wieder bei dem extrem unfreundlichen Gastroenterologen.

Das Prozedere war bei der 2. Koloskopie dasselbe, außer dass das Abführmittel kalt gestellt wurde. Im Krankenhaus war das ganze eher eine Massenabfertigung. Propofol habe ich bekommen, also war es erträglicher. Ergebnis dasselbe wie bei der ersten Koloskopie: „Kann Morbus Crohn sein, kann Colitis Ulcerosa sein, vielleicht aber auch nicht oder was anderes.“

Also ging es erstmal weiter mit Claversal-Zäpfchen. Ich habe mich beruflich dann verändert, alles war gut. Es muss so 2007 gewesen sein, ich war gerade 30, da nahmen die Probleme etwas zu. Ich hatte Durchfälle, so vielleicht 5-10 mal pro Tag, dabei Blut und Schleim im Stuhl. Claversal Zäpfchen schienen also nicht mehr wirklich zu wirken. Mittlerweile bin ich mit meiner Frau (ja, immer noch die gleiche, aber nun verheiratet) umgezogen und ich machte mich auf die Suche nach einem neuen Gastroenterologen.

Hier gab es extreme Wartezeiten auf einen Termin, aber eine Praxis hatte 3-mal die Woche eine Akutsprechstunde. Dort angekommen, kam ich mit etwas Wartezeit auch schnell zum Doktor. Er machte eine Ultraschalluntersuchung, hat mir Blut abgenommen und wir haben einen neuen Termin zur nächsten Koloskopie gemacht. Ich musste nun nur noch ein kleines Fläschchen am Vortag und ein kleines Fläschchen am Untersuchungstag trinken. Ein Traum.

Die Koloskopie fand dann durch den Gastroenterologen auch im benachbarten Krankenhaus statt. Mit ordentlich Propofol habe ich nichts gespürt. Habe nach der Untersuchung Kaffee und Schokolade bekommen, der Arzt hat kurz mit mir gesprochen und am nächsten Tag sollte ich zur weiteren Besprechung in die Praxis kommen. Dort hat er mir seinen Verdacht geäußert, es sei eine Proktitis auf dem Weg zur linksseitigen Colitis Ulcerosa. Der genaue Befund würde aufgrund der Gewebeproben noch ein paar Tage dauern. Er hat mir eine Kortisontherapie verschrieben, mir alles genauestens erklärt und mich dann 5 Tage später abends angerufen. Dort wurde der Verdacht bestätigt. Zumindest hatte das Problem jetzt einen Namen: Colitis Ucerosa.

Das Kortison hat dann auch sehr schnell angeschlagen. Ich habe es ausgeschlichen und die Behandlung mit Claversal Micropellets gestartet. Und was soll ich sagen: auch hier wieder eine 100%ige Verbesserung.

So um 2010 herum kam wieder ein leichter Schub, ich bekam wieder Kortison und hatte wieder Ruhe. Dazu fing ich an, Curcuma und Weihrauch einzunehmen. Tatsächlich ging es mir bis 2015 damit wunderbar. Leider ging es dann wieder los mit starken Schmerzen in der linken Seite, Fieber und 20-30 blutige Durchfälle am Tag….Das war so im August/September 2015. Erwähnenswert: Ich habe kurz vorher mit dem Rauchen aufgehört! Ich bin dann erstmal zu meiner Hausärztin. Sie hat mir Cortison verschrieben, welches ich dann wieder so mit 80 mg pro Tag angefangen habe…….leider ist bis Dezember keine wirkliche Besserung eingetreten. 

Also Anfang 2016 wieder zum Gastrologen, nächste Koloskopie und ein mehr oder weniger entsetzter Gastrologe: Warum kommen Sie erst jetzt? Die Colitis hat fast den ganzen Dickdarm befallen…. Also bekam ich über 3 Tage jeweils 200 mg Kortison per Infusion. Damit gingen die Beschwerden dann auch zurück. Der Gastrologe meinte nun, dass Kortison aber kein Dauermedikament sei. Also haben wir es mit Cortiment probiert, leider ohne Erfolg.

Wir sind dann auf Azathioprin gewechselt. Das sollte man über einen längeren Zeitraum einnehmen, damit es wirken kann. Ich ging daher jede Woche zur Blutkontrolle und hatte irgendwann Samstagabend einen sehr nervösen Gastrologen auf meinem Anrufbeantworter: egal wie spät, ich solle ihn auf seinem Handy zurückrufen. Das tat ich und ich musste das Azathioprin sofort absetzen. Tatsächlich waren die Blutwerte so extrem schlecht, dass er echt Angst bekommen hat! Auch ich merkte zu der Zeit, dass irgendwas nicht stimmt. Ich bin um 18 Uhr ins Bett gegangen, um 6 Uhr wieder aufgestanden und war immer noch müde. Einen kurzen „Ausritt“ haben wir dann mit Purinethol gewagt, aber nach rund 4 Wochen aufgrund erneut schlechter Blutwerte abgebrochen.

Die nächste Variante war dann MTX als Spritze. Hier zeigte sich relativ schnell eine Verbesserung der Symptome. Allerdings litt ich nach der Gabe unter echt extremer Übelkeit. Schon wenn ich die Spritze gesehen habe, hätte ich brechen können. Ich habe nach gut 12 Monaten das MTX abgesetzt und mit Claversal Zäpfchen, Micropellets, Curcuma und Weihrauch weiter gemacht. Hin und wieder mal eine Cortison-Therapie und eigentlich kam ich so gut klar.

In 2020 hatte ich erneut starke Beschwerden, hier stellte sich beim Ausbleiben des Kortisons Erfolges eine Clostridieninfektion heraus. Die haben wir dann mit Antibiotika gut in den Griff bekommen.

Im Oktober 2023 kamen die Symptome dann mal wieder mit voller Wucht. 40-50 blutige Durchfälle pro Tag. Wirklich viel Blut, sehr viel Blut…. Ich bin dann im November 2023 wieder zu meinem Gastrologen. Er machte einen Ultraschall und meinte, es sei eine leichte Entzündung zu sehen. Aber für die Verlaufskontrolle sollten wir eine Koloskopie durchführen. Zu dem Zeitpunkt war ich beruflich stark eingebunden und konnte keinen direkten Termin wahrnehmen.

Ich war übrigens in der ganzen Zeit, also in mehr als 20 Jahren, vielleicht 10 Tage auf meiner Colitis krank geschrieben. Das heißt, wenn ich von 40-50 Durchfällen berichte, dann waren das 20 VOR meiner Arbeitszeit und 30 NACH meiner Arbeitszeit…..kein Ahnung wie mein Kopf das hinbekommt, aber beim Arbeiten muss ich einfach nicht.


Mitte Dezember 2023 war dann der Termin zur Koloskopie. Vorgehensweise wie gehabt, also Koloskopie im Krankenhaus und anschließende Besprechung 1-2 Tage später in der Praxis. Der Arzt war wiedermal doch recht beunruhigt. Es sei erneut eine massive Entzündung des kompletten Dickdarms zu sehen. Ich bekam Kortison per Infusion, Kortison-Schaum und Tabletten. Das war kurz vor Weihnachten und damit habe ich die Feiertage überstanden. Direkt im Januar war ich wieder bei meinem Gastro. Nun brachte er Infliximab ins Spiel. Wir hätten alles andere durch, MTX sei nicht mehr zeitgemäß und er hat mit Infliximab immer gute Erfahrungen gemacht.

Zwei Tage später saß ich zur ersten Infusion in der Praxis. Nach zwei Stunden konnte ich gehen. Zwei Wochen später die nächste Infusion. Hier habe ich dann auch kurz vor der Infusion Kortison per Infusion bekommen, um evtl. auftretende Nebenwirkungen abzufedern. In den jeweils 2 Stunden war ich auch nie alleine in der Praxis bzw. im Zimmer.

Seit Mitte Februar 2024 spritze ich mir nun alle 14 Tage Infliximab per Pen und bin eigentlich beschwerdefrei. Ich gehe alle 8-10 Wochen zur Blutkontrolle mit Stuhlprobe usw. D.h. ich habe seit gut 20 Jahren keine Schmerzen mehr „im“ Darm. Das war mir vorher gar nicht so bewusst. Nebenwirkungen habe ich fast keine. Einzige Nebenwirkung: Trockene Haut und ein extrem rotes Gesicht. Damit bin ich nun bei einem Hautarzt in Behandlung und es wird langsam besser.

Ich hoffe, dass das Infliximab lange wirkt. Wichtig ist nach meiner Erfahrung, einen guten und erfahrenen Gastrologen zu finden. Ich habe ihn in glücklicherweise gefunden.

Groß eingeschränkt hat mich meine Colitis insgesamt nie! Ich habe auch so gut wie nie mein Leben umgestellt oder auf irgendetwas verzichtet. Ich esse und trinke alles, was ich mag. Ich bin mittlerweile verheiratet und habe zwei Kinder und ein Haus.

Gruß

Björn

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