Kategorien
Ernährung

Colitis Ulcerosa und Alkohol: Passt das zusammen?

Teile diesen Artikel:

Wenn es einen Ratschlag gibt, den vermutlich jeder Patient mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung schon unzählige Male bekommen hat, dann ist es das Anpassen der Ernährung. Es wimmelt nur so an Beratungsangeboten mehr oder weniger seriöser „Experten“, die meist nicht weniger als die Remission oder sogar Heilung versprechen. Ein Punkt, der dabei immer wieder aufkommt: Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa und Alkohol. Passt das zusammen? Muss man auf Alkohol verzichten, um mit einer CED glücklich zu leben? Oder ist das „eine Glas Rotwein“ sogar so gesund, wie oft behauptet? Ich habe mir drei wissenschaftliche Studien angeschaut – damit ihr es nicht müsst 😉 – und habe hier die Ergebnisse!

Colitis Ulcerosa: Alkohol als Auslöser?

Bisher konnte die Wissenschaft noch nicht herausfinden, was genau chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa auslöst. Dennoch gibt es viele Vermutungen darüber, was einen Einfluss auf die Entstehung solcher Erkrankungen haben könnte. Gehört Alkohol dazu?

Dies untersuchten 2017 zahlreiche internationale Experten aus dem Bereich der Gastroenterologie unter der Leitung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam mit einer wissenschaftlichen Studie. Sie wollten herausfinden, ob ein erhöhter Alkoholkonsum das Risiko einer CED erhöht. [1]

Dazu wurden Daten aus einer Ernährungsstudie verwendet, die zwischen 1992 und 2000 über 250.000 Menschen bezüglich ihrer Erkrankungen sowie Ernährungs- und Lebensgewohnheiten befragt hatte. In der neuen Studie wurde dann analysiert, ob Befragte mit hohem Alkoholkonsum während der Ernährungsstudie häufiger Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn bekommen hatten, als die Befragten mit geringerem Alkoholkonsum. [1]

In der Analyse wurde der Alkoholkonsum in sechs Stufen unterteilt: Noch nie, früher aber jetzt nicht mehr, leicht (⩽0.5 bis 1 Getränke/Woche), weniger als die empfohlenen Limits (⩽1 bis 2 Getränke/Tag), moderat (⩽2.5 bis 5 Getränke pro Tag) und stark (>2.5 bis 5 Getränke/Tag). [1]

Das Ergebnis: Kein Zusammenhang! Es war bei den untersuchten Patienten für die Wahrscheinlichkeit zu erkranken völlig egal, ob sie überhaupt keinen Alkohol oder täglich mehrere Getränke täglich zu sich nahmen. Dies galt für Männer und Frauen in allen sechs Stufen gleichermaßen. [1]

Aktuelle Studien konnten bisher keinen Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum und dem Risiko, an Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa zu erkranken, feststellen! [1]

Colitis Ulcerosa: Schub durch Alkohol?

Als Patient hat man nicht selten das Gefühl, der Erkrankung mit ihren Höhen und Tiefen mehr oder weniger ausgeliefert zu sein. In meinen Krankheitsschüben war ich deshalb immer froh, wenn es mal etwas gab, was ich selbst aktiv zu einem positiven Verlauf beitragen konnte. Ist der Alkoholkonsum einer dieser Faktoren?

Verschiedene Forscher aus Newcastle (UK) untersuchten 2004 den Einfluss der Ernährung (und Trinkgewohnheiten) der Patienten auf die Entwicklung ihrer Colitis Ulcerosa. Im Fokus lag dabei die Entstehung von Krankheitsschüben bei Patienten, die sich zuvor in der Remission befanden. Denn neben der grundlegenden Ursache der Erkrankung ist bisher ebenfalls nicht bekannt, was genau die Auslöser für aktive Schübe sind.

Die Studie begleitete knapp 200 Patienten mit Colitis Ulcerosa für ein Jahr. Zu Beginn befanden sich alle Patienten in der Remission. Über das Jahr hinweg füllten sie regelmäßig Fragebögen zu ihrer Ernährung aus und es wurde erfasst, wenn ihre Remission endete und ein neuer Schub begann. Am Ende des Beobachtungszeitraum wurden die Daten bezüglich anderer Einflüsse bereinigt und auf einen Zusammenhang zwischen bestimmten Ess- oder Trinkgewohnheiten und dem Entstehen von Krankheitsschüben hin untersucht. [3]

Im Gegensatz zur Studie über die Entstehung von CED durch Alkoholkonsum, gab es hier tatsächlich Auffälligkeiten. Sowohl bestimmte Ernährungsweisen als auch Alkoholkonsum standen in Verbindung mit höheren Wahrscheinlichkeiten eines Krankheitsschubs. Dabei bekamen Patienten, die folgende Dinge häufig zu sich nahmen, häufiger einen Schub, als Patienten, die diese Dinge seltener aßen oder tranken: [3]

  • Fleisch (3.2 mal häufiger)
  • Speziell rotes und verarbeitetes Fleisch (5.19 mal häufiger)
  • Protein (3 mal häufiger)
  • Alkohol (2.7 mal häufiger)

Damit konnte gezeigt werden, dass es durchaus möglich ist, die Wahrscheinlichkeit eines neuen Schubs selbst zu reduzieren. Natürlich heißt das nicht, dass CED-Patienten kein Protein mehr essen sollen. Ganz im Gegenteil; jeder sollte individuell für sich entscheiden, ob eine Umstellung der Ernährung in Frage kommt, um besser mit der Erkrankung umzugehen. In Bezug auf Alkohol ist das Ergebnis: Ja, Alkoholkonsum in der Remission scheint das Risiko eines neuen Krankheitsschubs zu erhöhen.

Ein Schub durch Alkohol ist grundsätzlich möglich.

Unabhängig von Remissionen und Schüben hat das Schweizer Universitätsspital in Bern 2015 fast 400 Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen befragt. Dabei ging es vor allem darum, welchen Einfluss das Trinken von Alkohol auf die Symptome der Patienten hatte. Dabei wurde ungefähr folgendes berichtet: [2]

Morbus CrohnDurchfallBauchschmerzenVöllegefühlSchwindel
besser5%5%5%7,5%
gleich65%80%80%85%
schlechter30%15%15%7,5%
Berichteter Einfluss Schweizer Patienten von Alkohol auf ihre CED-Symptome 1/2 [2]
Colitis UlcerosaDurchfallBauchschmerzenVöllegefühlSchwindel
besser5%2%7,5%7,5%
gleich65%83%75%82,5%
schlechter30%15%17,5%10%
Berichteter Einfluss Schweizer Patienten von Alkohol auf ihre CED-Symptome 2/2 [2]

Auch hier wird deutlich, dass Alkohol durchaus die Symptome verstärken kann. Allerdings gilt dies nicht für alle Patienten. Alkohol und eine CED schließen sich also nicht grundsätzlich aus. Möchtest du deinem Körper allerdings etwas Gutes tun oder verträgst du mit deiner CED Alkohol nicht gut, dann ist ein Verzicht auf jeden Fall die gesündere Entscheidung. Welcher Alkohol bei Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn getrunken wurde, macht in der Studie übrigens keinen Unterschied. [2]

Wie gehen andere CED-Patienten mit Alkohol um?

Neben dem Einfluss auf die Krankheitssymptome untersuchte die Schweizer Studie auch, wie sich der Alkoholkonsum der CED-Patienten durch ihre Erkrankung verändert hat. Außerdem wurden diesbezüglich die Patienten mit der restlichen Schweizer Bevölkerung verglichen:

CED-PatientenSchweizer Bevölkerung
Befragte:38111.000
Kein Alkohol11%12%
Monatlich17%32%
Unter 3x/Woche57%34%
Über 3x/Woche16%22%
Alkoholkonsum von CED-Patienten und der allgemeinen Bevölkerung in der Schweiz [2]

Wie die Tabelle zeigt, gab es keine sonderlich großen Unterschiede. Im Bereich monatlich bis unter 3x/Woche tranken die CED-Patienten tendenziell sogar häufiger Alkohol. [2]

Bei der konkreten Frage, wie die Diagnose der CED ihren Alkoholkonsum beeinflusst hat, gaben die Patienten die folgende Antwort:

  • 61% haben ihren Alkoholkonsum nicht verändert.
  • 29% trinken seit der Diagnose weniger.
  • 6% trinken seit der Diagnose nicht mehr.

Es gibt also durchaus viele Patienten, die ihre Gewohnheiten wegen ihrer Erkrankung anpassen. Was die jeweiligen Gründe dafür sind, ist bisher leider nicht untersucht worden. Wie dieser Artikel gezeigt hat, kann ein reduzierter Alkoholkonsum oder sogar Verzicht aber beispielsweise das Risiko eines Schubs reduzieren und sich positiv auf die Symptome auswirken. Hinzukommt, dass ein Leben ohne Alkohol grundsätzlich gesünder ist und hilft, die durch chronisch entzündliche Darmerkrankungen verlorene Lebenserwartung, wieder auszugleichen.

Meine Erfahrungen mit Colitis Ulcerosa und Alkohol

Ich persönlich bin, je nach Phase meiner Erkrankung, sehr unterschiedlich mit der Colitis Ulcerosa und Alkohol umgegangen. In den Schüben ging es mir fast ausnahmslos so schlecht, dass ich nicht im Entferntesten an Alkohol gedacht und demnach auch keinen getrunken habe. Ich hatte einfach andere Sorgen und es wäre sicherlich auch nicht förderlich gewesen.

Während der Remission habe ich es anders gehandhabt. Grundsätzlich habe ich seit meiner Diagnose 2018 zwar schrittweise immer weniger und auch vor der Erkrankung eher unterdurchschnittlich viel Alkohol getrunken. Als die Colitis anfangs allerdings noch mit ein paar einfachen Mesalazin-Tabletten unter Kontrolle war, war ich damit auch ganz normal feiern und trinken. Dabei habe ich keinen wirklichen Unterschied bemerkt. Es kann also durchaus sein, dass Alkohol absolut kein Problem für deine CED ist. Wenn es bei dir funktioniert, dann um so besser!

Leider blieb es bei mir nicht bei diesem Krankheitsniveau, weshalb ich dann eben schrittweise doch immer seltener und weniger getrunken habe. Dies lag aber nicht wirklich daran, dass es mir durch Alkohol schlechter ging. Stattdessen wollte ich diesen Faktor, der unter meiner Kontrolle lag, nutzen und so zumindest einen minimalen positiven Einfluss auf meine Erkrankung haben. Für mich war es nur logisch mich hier minimal einzuschränken, wenn ich im Gegenzug einen Teil der negativen Folgen der Krankheit wiedergutmachen kann.

Außerdem verschlechtert sich durch Alkohol natürlich die körperliche Wahrnehmung. Auf die war ich aber zunehmend stark angewiesen, um Veränderungen rechtzeitig erkennen zu können. Sowohl einen neuen Schub als auch eventuelle Nebenwirkungen von Medikamenten wollte ich aber rechtzeitig erkennen. Deshalb kam es für mich zunehmend weniger in Frage, diese Wahrnehmung zu vernebeln.

Mit dem Beginn meines zweiten Schubs habe ich Ende 2020 deshalb komplett aufgehört, Alkohol zu trinken. Durch die Entscheidung zur OP wurde dies weiter verfestigt und vermutlich werde ich auch dabei bleiben. Es fällt mir einfach zu leicht zu verzichten, um die gesundheitlichen Vorteile nicht auch weiterhin mitzunehmen. Außerdem ist mein Körper mit Stoma oder Pouch und ohne Dickdarm fragil genug. Da muss ich ihn nicht noch freiwillig selbst aus dem Konzept bringen. 😀

So handhabe ich es. Wenn es die Kombination Colitis Ulcerosa und Alkohol bei dir funktioniert, dann freut mich das aber natürlich! Das letzte, was ich hier nämlich sein möchte, ist ein Moralapostel. Wenn du aber etwas suchst, was dir eventuell im Umgang mit der CED helfen kann, dann versuch doch einfach mal, auf Alkohol zu verzichten. Wenn es dir hilft, dann ist es ein kleiner Preis für einen großen Nutzen!

Du willst auf dem Laufenden bleiben oder hast Feedback?

Wenn du auf dem Laufenden bleiben willst, trag dich gern in die Mail-Liste ein! Du erhälst dann automatisch eine Benachrichtung über neue Beiträge!


    Quellen:
    [1] Bergmann, M., Hernandez, V., Bernigau, W. et al. No association of alcohol use and the risk of ulcerative colitis or Crohn’s disease: data from a European Prospective cohort study (EPIC). Eur J Clin Nutr 71, 512–518 (2017). https://doi.org/10.1038/ejcn.2016.271
    [2] Alcohol Consumption Behaviour and Impact on
    Gastrointestinal Symptoms among Swiss IBD Patients (Poster), F. Brunner et al., 2015
    [3] Jowett SL, Seal CJ, Pearce MS, Phillips E, Gregory W, Barton JR, Welfare MR. Influence of dietary factors on the clinical course of ulcerative colitis: a prospective cohort study. Gut. 2004 Oct;53(10):1479-84. doi: 10.1136/gut.2003.024828. PMID: 15361498; PMCID: PMC1774231.

    Teile diesen Artikel:

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert