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J-Pouch Erfahrungsbericht #22: Die Monate nach der Not-OP

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Hier war es lange Zeit still, aber jetzt habe ich endlich die Zeit für ein Update gefunden. Der Grund für die Pause war gar nicht unbedingt, dass nichts passiert ist. Im Gegenteil: Die Genesung nach der letzten Operation im November 2021 verlief so gut, dass ich Studium, Job und co. mittlerweile wieder voll nachgehen kann und der Blog deshalb ein wenig warten musste. Nichtsdestotrotz gibt es jetzt den Überblick darüber, wie es mir in den Monaten nach der Not-OP erging. Denn wie so oft bisher, kam einiges anders als erwartet. Und so Leid es mir tut: Das Ende bleibt leider spannend…

Zurück im Alltag

Die Erholung nach den Operationen im Oktober und November letzten Jahres verlief quasi einwandfrei. Der große Schnitt am Bauch war 6 Wochen nach der OP zu und ist das auch geblieben. Einzig die Narbe ist mit der Zeit deutlich breiter geworden. Allerdings verändert sie sich auch jetzt noch weiterhin, sodass ich schon denke, dass sie noch unauffälliger wird. Mich persönlich stört sie auch nicht, da ich weiß, was die Alternative gewesen wäre. Sollte dir die OP noch bevorstehen, solltest du dich davon auch wirklich nicht abschrecken lassen. Ohne das erneute Öffnen der Wunde nach der OP wäre die Narbe deutlich kleiner glaube ich. Und bei minimalinvasiver OP nach Plan sowieso!

j-pouch erfahrungsbericht
Der Bauchschnitt 6 Monate nach der Operation.

Neu sind hingegen leichtere Bauchschmerzen, die seit den OPs manchmal habe. Bisher konnte ich aber noch nicht die ganze Systematik dahinter verstehen. Sie treten zum Beispiel auf, wenn ich zu lange sehr „abgeknickt“ sitze, also z.B. im Bett an die Rückwand angelehnt. Schmerzhaft sind sie nicht wirklich, aber definitiv neu. Keine Ahnung, was da die Ursache ist.

Auch wenn ich zu lange nicht vernünftig esse, fühlt sich der Bauch komisch an. Schon seit ich das Stoma habe, achte ich darauf, regelmäßiger zu essen. Tue ich das nicht, merke ich, dass ich schneller unterzuckere als noch mit Dickdarm. In letzter Zeit ist mir das allerdings verstärkt aufgefallen. Dabei geht es gar nicht unbedingt so sehr um klassischen Hunger, sondern eher um ein Ziehen im Bauch, dass ich vorher nicht in der Art hatte. Dagegen hilft regelmäßiges Essen, nach meiner Erfahrung mit maximal 4-5 Stunden Pausen dazwischen.

Verglichen mit der Colitis Ulcerosa ist das aber wirklich Meckern auf sehr hohem Niveau. Mich stört beides auch überhaupt nicht. Beschreiben wollte ich es trotzdem, falls daraus nachher dann doch irgendein Problem entsteht oder andere das Gefühl auch kennen. Ich werde es in Köln bei den Ärzten auf jeden Fall mal ansprechen.

Auch noch erwähnenswert könnte sein, dass ich in den ersten Wochen zuhause einige Male Albträume hatte. Ich bin dann nachts zusammengezuckt, plötzlich wach geworden und hatte kurz das Gefühl, als würde mein Bauch aufgeschnitten werden. Insgesamt kam das vielleicht 3 oder 4 mal vor und war dann auch von alleine wieder vorbei. Trotzdem ist es schon interessant, wie die Psyche auch unterbewusst eine Weile braucht, um sich zu regenerieren.

Und das war es dann auch schon an Auffälligkeiten. Ich finde es absolut verrückt, dass mir ein gesamtes Organ fehlt, ich Anfang November nur dank der unglaublichen Skills der Kölner ChirurgInnen so gut davongekommen bin und jetzt mein einziges „Problemchen“ ein bisschen Bauchgrummeln ist.

Weil das ein bisschen wenig für einen Beitrag gewesen wäre, hatte ich dann auch erstmal keinen neuen geschrieben und mich stattdessen auf Uni und Job konzentriert. Dort konnte ich nämlich trotz Stoma endlich wieder 100% geben. Dann kam allerdings ganz unfreiwillig neues Schreibmaterial:

COVID-Infektion mit Stoma

Den letzten Teil des J-Pouch Erfahrungsberichts habe ich mit einem Verweis auf die geplante letzte OP Ende März 2022 beendet. Während ich nun Ende April 2022 diesen Teil hier schreibe, habe ich aber noch immer ein Stoma. Der Grund dafür? Pünktlich zur OP habe ich mich Ende März mit COVID infiziert.

Gerade wegen der OP habe ich zwar ganz besonders aufgepasst; geholfen hat es aber nicht. Entweder bei einer meiner Prüfungen oder in der U-Bahn dahin habe ich mich trotzdem angesteckt.

Zum Glück verlief die Infektion ohne größere Probleme. Für rund 5 Tage hatte ich die bekannten Symptome, danach wurde es wieder besser. Einzig das Husten war mit Stoma wirklich ungünstig. Auch wenn ich versucht habe, meinen Bauch zu schonen, riss die Haut am Stoma rund 5mm tief ein. Durch Aquacell Kompressen hat es allerdings nur 2-3 Wochen gedauert, bis die Stelle wieder verheilt war. Gesundheitlich habe ich also nochmal Glück gehabt.

Ärgerlich war allerdings, dass natürlich die OP abgesagt werden musste. Ein neuer Termin wird auch erst bei negativem PCR-Test vergeben, was bei mir 2 Wochen gedauert hat. Ab dann muss noch einmal ein Sicherheitsabstand von mindestens 3 Wochen bis zur OP eingehalten werden, damit sich der Körper erholen kann. Aufgrund der zahlreichen Verschiebungen durch Corona und des straffen Zeitplans von Prof. Kroesen lief es deshalb jetzt auf Anfang Juni hinaus. Damit wird die Rückverlegung des Stomas und Inbetriebnahme des J-Pouchs nun 2 Monate später als geplant und nahezu genau 1 Jahr nach meiner ersten OP stattfinden.

Die Planänderung ist natürlich ärgerlich, aber nach all den vorherigen Ereignissen jetzt wirklich nicht schlimm. Mittlerweile bin ich diesbezüglich wirklich sehr flexibel geworden. Hauptsache Corona ist gut überstanden!

1 Jahr colitisblog.de und Spendenaktion

Außerdem möchte ich hier einmal kurz auf zwei Themen in eigener Sache hinweisen:

Dadurch, dass mein J-Pouch Erfahrungsbericht nun doch etwas länger dauert als geplant, feiert dieser Blog schon sein einjähriges Jubiläum! In dieser Zeit hat sich das ganze Projekt viel viel schneller entwickelt, als ich je erwartet hätte. Weit über 10.000 verschiedene Nutzer haben colitisblog.de seitdem schon besucht und es werden täglich mehr. Auch viele Nachrichten erreichen mich, worüber ich mich immer ganz besonders freue. Deshalb vielen Dank für all die Unterstützung und das Interesse!


Das zweite Thema, auf das ich unbedingt noch einmal hinweisen möchte, ist die Spendenaktion für die Ukraine. Gemeinsam mit der ILCO e.V. wird gespendetes Stoma-Material angenommen und zu Bedürftigen in der Ukraine transportiert. Alle Infos zu der Aktion findest du hier! Ich selbst hatte auch viel Material über, da ich nach der Not-OP ja eine Weile brauchte, bis ich die richtige Versorgung gefunden hatte. Ende April haben sie sich deshalb auf den Weg in die Ukraine gemacht.

Gespendetes Stoma-Material für die Ukraine: ungefähr drei Monatsbedarfe.

Und wieder ein Schock: Stoma-Stenose

Hier hätte der Beitrag eigentlich enden sollen. In der Zeit zwischen Schreiben und Veröffentlichen gab es jetzt allerdings wieder eine Entwicklung, die ich nicht vorenthalten will:

Gestern Abend habe ich beim Abendessen zum ersten Mal seit langer Zeit gemerkt, dass der Stomabeutel anfängt zu unterlaufen. Also habe ich ihn routinemäßig direkt gewechselt. Als ich den alten Beutel löse, erlebe ich allerdings einen richtigen Schockmoment. Das Stoma schaut nicht mehr wie üblich 0,5-1cm aus dem Bauch hervor, sondern hat sich komplett in den Bauch zurückgezogen. Ich schaue quasi in ein Loch in meinem Bauch. Natürlich fangen die Gedanken direkt an zu rasen und ich sehe mich schon wieder alle Jobs absagen und in der Notaufnahme liegen. Es tut überhaupt nichts weh, aber ich sehe direkt, dass das auf keinen Fall richtig sein kann.

Nun habe ich ja mittlerweile wirklich etwas Erfahrung und habe schon genügend ÄrztInnen an meinem Bauch rumhantieren sehen. Deshalb schaffe ich es mit ein wenig Drücken, das Stoma wieder hervor zu befördern. Der Schock sitzt allerdings tief. Was tun?

Sinnvoll erreichbar ist natürlich niemand, denn solche Dinge passieren immer am Wochenende. Die Mailbox meiner Stoma-Therapeutin verkündet nur ihre werktägigen Arbeitszeiten und zu einem 0815 Hausarzt brauche ich mit dem Problem gar nicht erst gehen. Was die Notaufnahme in München kann (und vor allem nicht kann) musste ich ja ebenfalls schonmal lernen.

Deshalb erstmal eigene Recherche im Internet: Das Problem heißt Stoma-Retraktion und kann auch lange nach der OP noch vorkommen. Ursachen sind dann vor allem hohe Gewichtszunahme (bei mir 8kg seit der Not-OP- keine Ahnung ob das hoch ist?) und mitunter auch nicht gut genug gekaute Nahrung, wie ich von manchen anderen Betroffenen online lese. Das könnte bei mir schon eher der Fall sein. Die wichtige Botschaft ist aber: Wenn man keine Schmerzen hat, noch was aus dem Stoma rauskommt und man nicht erbrechen muss, dann ist es zumindest kein Notfall. Na immerhin, davon trifft nichts zu. Helfen soll außerdem ein Stoma-Gürtel, der die Platte des Beutels fest auf den Bauch und damit das Stoma selbst ein wenig hervordrückt. Den habe ich zum Glück noch irgendwo rumfliegen, sodass ich ihn direkt beginne zu tragen. Das hilft auch erstmal und das Stoma bleibt draußen. Also vorerst Entwarnung.

Nun ist ein Tag vergangen und ich habe den Beutel heute wieder gewechselt, um kontrollieren zu können, dass noch alles OK ist. Das Stoma ist auch noch immer draußen, allerdings mittlerweile wirklich ziemlich klein. Der Riss vom Corona-Husten ist so gut verheilt, dass um das Stoma herum nun ein fester (und ziemlich enger) „Ring“ aus normaler Bauchhaut entstanden ist. Das ist ja soweit auch gut, wäre er nur nicht so eng und würde das Stoma in den Bauch drücken. Selbstdiagnose: Stoma-Stenose.

Nach meinen Erfahrungen mit dem durch Faszien abgeklemmten Stoma im letzten Herbst bekomme ich nämlich leichte Flashbacks… Ich bin zwar kein Arzt, aber ich befürchte schon ein wenig, dass das Ding nicht mehr lange durchhalten wird, bevor es dann wieder aufhört ordentlich zu funktionieren. Nun sind es zwar nur noch 4 Wochen bis zur OP, allerdings habe ich ja schon lernen müssen, dass sich Dinge sehr schnell ändern können.

Und das ist jetzt auch der wirklich aktuellste Stand, den es in diesen Berichten bisher gab. Während ich den Bericht hier gerade zu Ende schreibe, trage ich den Stoma-Gürtel, warte auf Rückruf der Stoma-Therapeutin am Montag und hoffe einfach nur, dass ich nicht heute Nacht wieder im Auto nach Köln sitzen muss, weil das Stoma den Geist aufgegeben hat. Die Notaufnahme in München werde ich mir nämlich nicht nochmal gönnen! 😀

Es bleibt also spannend. Drückt mir die Daumen, dass das Stoma jetzt noch irgendwie vier Wochen lang durchhält. Auch wenn mein Gefühl da aktuell eher nicht von ausgeht… Wär ja sonst auch zu einfach!

Alle Beiträge der Serie „J-Pouch Erfahrungsbericht“ findest du auf der Übersichtsseite.

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    Eine Antwort auf „J-Pouch Erfahrungsbericht #22: Die Monate nach der Not-OP“

    Hallo Lasse,
    erst mal möchte ich Ihnen sagen, dass es toll ist, dass sie mit dem Studium sehr gut voran kommen. Das Bauchgrummeln isscheint ja durch Veränderung der Körperposition, gutes Kauen der Nahrung und regelmäßige Mahlzeiten zu beheben.
    Gut dass Sie die Coronainfektion weitestgehend gut überstanden haben. ( mich hat es auch vor Ostern noch erwischt, geimpft und geboostert, wenig Kontakte und jetzt genesen)
    Blöd, dass das Stoma durch den Husten verletzt worden ist. Ich drücke die Daumen, dass das Stoma bis zur Rückverlegung durchhält, und die Stomatherapeutin ihnen Entwarnung geben und Hilfe anbietet kann.
    Alles, alles Gute wünsche ich Ihnen!
    Liebe Grüße
    Erika Schumacher

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