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Operation J-Pouch

J-Pouch Erfahrungsbericht #10: 6 Wochen nach der Kolektomie

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Teil 10 meines J-Pouch Erfahrungsberichts schreibe ich sechs Wochen nach der Kolektomie. Mittlerweile geht es mir wieder wirklich gut und die Fortschritte werden immer kleiner. Deshalb fasse ich hier zusammen, was sich in den einzelnen Bereichen noch getan hat und wie der aktuelle Stand ist. Sollte nichts unerwartetes mehr passieren, ist dies auch erstmal der letzte Teil. Zur zweiten Operation geht es dann weiter!

Kontrolltermin

Zwei Wochen nach meiner Entlassung muss ich zum Kontrolltermin nach Köln. Professor Kroesen, der mich auch operiert hat, möchte die Patienten immer noch einmal sehen, um Feedback zu bekommen und das weitere Vorgehen zu besprechen.

Der Termin dauert rund fünfzehn Minuten. Er tastet meinen Bauch ab, schaut sich das Stoma an und schaut, wie aufrecht ich stehe. Zu all dem bekomme ich gutes Feedback: Für knapp über 4 Wochen nach der OP sei ich schon wieder ziemlich fit. Das hört man doch gern!

Während meines Krankenhausaufenthalts wurde ich vorgewarnt, dass die zweite Operation vermutlich erst Ende Oktober stattfinden werden könne. Zwar wollte ich Anfang Oktober eigentlich mein Studium wieder starten, allerdings müsse wegen der Infektion, mit der ich nach der OP zu kämpfen hatte, eine längere Heilungspause eingelegt werden. Da ich mich jetzt aber schon so gut erholt habe, wird diese verlängerte Pause wieder gestrichen. Die zweite Operation, in der dann der J-Pouch angelegt wird, kann schon Ende September stattfinden. Besser hätte der Termin definitiv nicht laufen können!

Ernährung

Die ersten zwei Wochen nach der Entlassung soll ich mich noch von Schonkost ernähren. Sachen wie Kartoffeln, Nudeln, Reis, gekochtes Gemüse und auch Fleisch vertrage ich allesamt einwandfrei. Danach kann man prinzipiell alles essen, muss aber selbst ausprobieren, was geht und was nicht. Außerdem sollten faserige Lebensmittel möglichst vermieden werden. Ich habe bei neuen Sachen meist erstmal eine kleine Portion probiert und dann mindestens 6 Stunden abgewartet. Einige meiner (kein pauschales Erfolgsrezept) bisherigen Erfahrungen:

Dinge, die sehr gut funktionieren:

  • Bananen
  • Kartoffeln/Nudeln/Reis
  • Quark/Joghurt/Skyr
  • Cornflakes
  • Brot
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Dinge, die (überraschenderweise) auch funktionieren:

  • Pizza
  • Burger
  • Grillfleisch
  • Kuchen
  • Koffeinhaltige Getränke
  • Schokoriegel
  • TK-Spinat
  • 1 Portion Curry mit Kichererbsen
  • spät abends essen

Dinge, die nicht funktionieren:

  • 2 Portionen Curry mit Kichererbsen (siehe auch Abschnitt Stoma)
  • Zu viel auf einmal essen
  • Zu viel nach zu langer Pause essen

Insgesamt hatte ich mit der Ernährung bislang nahezu keine Probleme, obwohl ich durchaus auch schon „riskantere“ Dinge probiert habe, die mit meiner Colitis noch für so einige Bauchschmerzen gesorgt hätten. Natürlich verzichte ich auf Lebensmittel, von denen für Stoma-Träger explizit abgeraten wird. Davon abgesehen kommt es aber gefühlt weniger darauf an, was ich esse, sondern mehr darauf, wie ich esse. Eine große Portion Kartoffelpüree nachdem ich mehrere Stunden nichts gegessen habe? Bauchschmerzen! Eine fettige Pizza mit Schinken und Käse in 2-3 Portionen über den Abend verteilt? Kein Problem!

Wichtig ist es also, nicht zu viel auf einmal zu essen. Meine Portionen sind vielleicht noch halb so groß, wie vor der OP. Dafür esse ich aber auch häufiger, um auf die gleiche Kalorienaufnahme zu kommen und keine längeren Pausen zu machen. Tagsüber esse ich alle 1-2 Stunden zumindest eine Banane, ein Joghurt oder halt eine richtige Mahlzeit. Und um nach der OP zuzunehmen, kann es auch mal ein Stück Kuchen nachts um 1 sein, wenn man sowieso nicht schlafen kann. Damit bin ich fast wieder bei meinem (vorerst) Zielgewicht von 70kg. (ohne Dickdarm und mit Sportpause von nun acht Monaten)

Stoma

Das Stoma macht in den ersten Wochen keine Probleme. Die Versorgung über die Pflege-Firma klappt auch. Ich wechsle die Beutel spätestens alle zwei Tage. Mit jedem Mal werde ich routinierter und brauche dafür mittlerweile keine 10 Minuten mehr.

Wie oben beim Thema Ernährung geschrieben, habe ich allerdings auch schon die Erfahrung gemacht, dass ich nicht alles essen kann. Bei Reis mit Curry (inkl. einiger Kichererbsen) habe ich eine erste Portion gut vertragen. Am Tag darauf habe ich dasselbe dann einmal mittags und nochmal abends gegessen. Das war anscheinend zu viel und nachts werde ich wach, weil das Stoma zwickt. Ich sehe, dass der Stomabeutel unter Druck steht. Dies ist ein Zeichen, dass der Aktivkohlefilter aufgebraucht ist und der Beutel gewechselt werden muss. Also halb im Schlaf ins Bad und den Beutel wechseln. Beim Hinsetzen sorgt der Druck dann allerdings dafür, dass sich die Klebefläche an einer kleinen Stelle ablöst und der Beutel ein wenig ausläuft.

Bislang war das das einzige Mal, dass das Stoma nicht gehalten hat und ich war definitiv selber schuld. Letztendlich war es auch kein Weltuntergang. Der Bauch war dann schnell wieder sauber und der Beutel gewechselt. Allerdings reizt der Stuhl aufgrund des hohen Magensäure-Gehalts extrem die Haut. Obwohl ich nach maximal 30s alles wieder sauber hatte, brannte die Haut für 2-3 Tage und war deutlich rot gefärbt. Hautcreme hat aber gut geholfen. Ich sag’s mal so, der Lerneffekt war definitiv da.

Lernen/Arbeiten

Knapp drei Wochen nach der OP konnte ich das erste Mal wieder etwas länger am Schreibtisch sitzen. Das wurde schnell immer besser. Rund eine Woche nach meiner Entlassung beginne ich, wieder für die Uni zu lernen. Vier Wochen nach der OP kann ich problemlos wieder 8h täglich am Schreibtisch sitzen und lernen. Auch Autofahren geht wieder. Ein Bürojob wäre ein wenig später also auch wieder machbar, wenn man langsam anfängt.

Sport und Bewegung

Die ersten vier Wochen nach der Entlassung soll man seinen „Sport“ auf Spazierengehen beschränken. Daran halte ich mich selbstverständlich. Ich gehe ungefähr alle zwei Tage eine Runde spazieren und merke hier die deutlichsten Fortschritte. In der Woche meiner Entlassung schaffe ich vielleicht 300m. Zwei Wochen später gehe ich 3km ohne Pause und schaffe dabei auch ein zügiges Tempo. Wenn die vier Wochen Schonzeit um sind, möchte ich ganz langsam auf dem Spinning-Rad anfangen und mit Therabändern erste Oberkörper-Übungen versuchen.

sport

Wichtig ist dabei vor allem, den Bauch nicht übermäßig zu belasten. Durch das Stoma habe ich wortwörtlich ein Loch in den Bauchmuskeln und das merkt man auch deutlich: Ich setze mich noch immer über die Seite auf (wie die Physios im Krankenhaus gezeigt haben) und kann meine Arme noch nicht vollständig nach oben strecken, weil es am Bauch zu sehr spannt. Man merkt einfach, dass dem Bauch die Kraft fehlt. Wirklich trainieren kann man ihn auch nicht, da bei zu hoher Belastung ein Narbenbruch droht. Deshalb sollte man mit Stoma idealerweise auch nicht schwer heben. Das limitierende beim Spazierengehen sind auch nicht Beine oder Lunge, sondern der Rücken. Ich merke, dass dieser deutlich mehr arbeiten muss, um mich aufrecht zu halten. Nach 3km laufen kann im Moment einfach mein Rücken nicht mehr.

Fazit

Ich denke es wird deutlich, dass es nach wie vor in allen Bereichen bergauf geht. Die Eingewöhnung in den neuen Normalzustand ging aber deutlich schneller, als ich erwartet habe. Ich habe mich schnell mit dem Stoma arrangieren können und komme bislang auch gut klar. Rund 2 Wochen nach meiner Entlassung hatte ich das erste Mal einen Moment, in dem es sich anfühlte, als wenn nichts wäre. Ich lag auf meinem Bett und habe gemerkt, dass sich für einen kurzen Moment alles normal anfühlt: Keine Bauchschmerzen, kein Zwicken oder Ziehen am Stoma, keine Rückenschmerzen, einfach nichts. Solche Momente gibt es mittlerweile immer öfter.

Und die schönste Erkenntnis: Es geht mir schon jetzt besser, als vor der Operation. Kein Ruhepuls von 130 mehr, keine ständige Müdigkeit, keine Durchfälle, kein Eisenmangel, keine Mangelernährung, keine Schmerzen, kein Schwindel nach 5 Treppenstufen und nicht permanent ans Bad gefesselt.

Deshalb ist das auch der vorerst letzte Beitrag dieser Serie. Rechtzeitig zur zweiten OP Ende September geht es natürlich weiter und auch in der Zwischenzeit werden Artikel zu anderen Themen kommen. Aber bis dahin werde ich erstmal diesen neuen Zustand und den Sommer genießen, endlich wieder Dinge unternehmen und nachholen, worauf ich seit November 2020 mal wieder verzichten musste.

Danke an alle, die mich behandelt oder supported haben, die das hier lesen und die mir die Daumen gedrückt haben. Teil 1 von 3 ist, denke ich zumindest mal, geschafft.

Bleibt gesund, wir hören uns!
Lasse

Alle Beiträge der Serie „J-Pouch Erfahrungsbericht“ findest du auf der Übersichtsseite.

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4 Antworten auf „J-Pouch Erfahrungsbericht #10: 6 Wochen nach der Kolektomie“

Hallo,
Ich lese gerade deine Berichte zur OP. Ich habe aber eine Frage: warum hast du dich für den J-Pouch entschieden? Warum bist du nicht beim Stoma geblieben, wenn du es so selten ausleeren musstest? Das klingt ja schon traumhaft.

LG Karin

Hallo Karin!
Ich habe mich für den Pouch entschieden und er wurde mir auch von allen Chirurgen empfohlen, weil er potenziell nochmal ein Stück besser funktionieren kann als ein Stoma.
Wenn der Pouch gut funktioniert, dann muss man mit ihm auch nicht sehr viel öfter aufs Klo, als ich das Stoma aktuell leere. Man spart sich die Beutel, hat bis auf Narben keine sichtbaren Einschränkungen, kann „normal“ aufs Klo gehen und auch die Bauchdecke ist nicht permanent durch das Loch geschwächt. So erhoffe ich mir, dass es nochmal ein Stück besser wird. Falls das nicht passiert, habe ich das Stoma immernoch als Backup-Option.
Schöne Grüße!

Hallo Lasse,
vielen Dank für die Antwort. Finde ich sehr spannend. Ich denke bisher nicht weiter als zum Stoma, weil ich mir denke, dass das schon eine wahnsinnige Erleichterung darstellen könnte (ich habe aber bisher noch meinen Dickdarm, möchte mich aber nach 11 Jahren Leidensweg darüber informieren).
Wie oft leerst du das Stoma aktuell? Ist wahrscheinlich auch bei jedem unterschiedlich oder?
Ist dein Enddarm auch entzündet oder ist der verschont geblieben?

Ich wünsch dir alles Gute und das alles gut verläuft.

Liebe Grüße

Hey Karin,

du hast Recht, im Vergleich zur aktiven Colitis ist das Stoma schon ein Riesenfortschritt. Gerade die Einschränkungen in Sachen Sport nerven mich aber 😀
Ich leere es aktuell ca. 5-6 mal täglich, davon 1-2 mal nachts. Das ist aber natürlich sehr stark abhängig vom Tagesrhythmus. Bei mir war alles ab Beginn des Dickdarms entzündet und deshalb ist auch alles raus. Ich habe also nur noch Dünndarm. 🙂

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