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Operation J-Pouch

J-Pouch Erfahrungsbericht #28: Ein halbes Jahr mit Pouch

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Mittlerweile lebe ich ein gutes halbes Jahr mit J-Pouch, weshalb es mal wieder Zeit für ein Update ist. Ich war zur Kontroll-Pouchoskopie, habe mich in der Chirurgie zur Nachsorge vorgestellt und mit Loperamid experimentiert. Außerdem gibt es natürlich auch in Teil 28 des J-Pouch Erfahrungsberichts wieder Updates zu meinem Gesundheitszustand. Also let’s go!

Wie oft ich aufs Klo muss

Hier gibt es wieder das aktualisierte Diagramm, wie es auch schon in den letzten Teilen des J-Pouch Erfahrungsberichts zu sehen war:

Anzahl der Stuhlgänge im Verlauf seit meiner Entlassung. Rechts die farbigen Balken sind die jeweiligen Bereiche (Gesamt, Tagsüber, Nachts) für Durchschnittswerte von Patienten 1,5 Jahre nach der OP. [1]

Die sehr gute Entwicklung hat sich fortgesetzt und dann auf einem stabilen Niveau von 4-6 Stuhlgängen / Tag (davon 1x nachts) eingependelt. Da sich daran nicht mehr viel geändert hat, habe ich 150 Tage nach der letzten OP mit dem Protokoll aufgehört. Seitdem gab es höchstens noch eine minimale Verbesserung, sodass ich derzeit selten öfter als 5x täglich gehen muss. Mit diesem Level bin ich extrem zufrieden; besser hätte das Ergebnis für mich nicht sein können.

Wirkung von Loperamid

Wie im letzten J-Pouch Erfahrungsbericht angekündigt, habe ich für eine Woche mit Loperamid experimentiert. Das Durchfall-Medikament wird bei Patienten mit J-Pouch angewendet, um die Stuhlfrequenz zu reduzieren. Ich habe in der Woche testweise jeden Abend direkt vor dem Schlafengehen eine Tablette eingenommen und ansonsten meinen Tages- und Essensrythmus beibehalten.

Von den insgesamt 7 Nächten konnte ich durch das Loperamid 5 Nächte durchschlafen. In den restlichen beiden Nächten musste ich einmal aufs Klo, was auch ohne Loperamid jede Nacht der Fall ist. Damit war die Schlafqualität durch das Loperamid eindeutig besser und der Test ein Erfolg.

Die Einnahme von einer Tablette pro Tag ist für Pouch-Patienten noch eine sehr geringe Dosis. Im Internet findet man auch Berichte, dass Andere die Tabletten quasi wie Smarties futtern. Da ich mich noch nicht über eventuelle Langzeitfolgen und Nebenwirkungen informiert habe, habe ich die Einnahme nach der Woche aber vorerst wieder beendet.

Seitdem habe ich Loperamid unterwegs für Notfälle dabei (aber bisher nicht gebraucht) oder vereinzelt genommen, wenn ich sichergehen wollte, dass ich in den nächsten Stunden nicht aufs Klo muss. Dazu ist es auf jeden Fall gut, z.B. vor Partys. Über die dauerhafte Einnahme zum verbesserten Schlaf werde ich mich nochmal schlaumachen.

Pouchoskopie zur Kontrolle

Knapp 5 Monate nach der letzten OP und Inbetriebnahme des Pouches habe ich eine routinemäßige Pouchoskopie. Diese entspricht der Darmspiegelung für Menschen mit Pouch statt Dickdarm und dient zur Kontrolle des Pouches. Zum Ablauf der Untersuchung gibt es hier einen eigenen Beitrag.

Da es mir so gut geht, habe ich keine großen Sorgen vor bösen Überraschungen. Trotzdem bin ich gespannt, ob mit dem Pouch tatsächlich alles so gut ist, wie es sich anfühlt. Ich mache die Untersuchung ohne Sedierung (hier liest du wieso) und bekomme somit quasi Live-Feedback von der untersuchenden Ärztin:

Der Pouch sieht gut aus und ist schön groß. Einzig die Schleimhaut an der Naht ist noch leicht fibrinbelegt und befindet sich damit noch in der Heilung. Dies könne aber dadurch erklärt werden, dass Prof. Kroesen in Köln die Pouches von Hand näht, so die Münchner Ärztin. Soweit also alles in Ordnung! Solange das so bleibt, ist keine weitere Nachsorge außer jährlichen Pouchoskopien nötig.

Vorstellung in der Chirurgie

Bei der Pouchoskopie wird mir geraten, mich noch einmal bei der Münchner Chirurgin für Darmoperationen vorzustellen. So kennt sie meinen Verlauf und ich habe eine Ansprechpartnerin für etwaige Probleme, ohne immer nach Köln zu müssen. Schon vor meinen OPs war ich für ein Beratungsgespräch dort, hatte mich dann aber für Prof. Kroesen in Köln entschieden.

Das Gespräch verläuft sehr angenehm und ich bekomme noch einmal bestätigt, dass die Leistung meines Pouches wirklich sehr gut ist. Lediglich die breite Narbe des nochmal geöffneten Bauchschnitts ist nicht ideal. Nach Einschätzung der Chirurgin ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich eine Hernie (Narbenbruch) bekomme und operativ ein Netz eingelegt werden muss. Bis dahin soll ich beim Sport die Bauchbinde tragen und einfach möglichst aufpassen. Unschön, aber damit muss ich mich abfinden. Es ist ja ohnehin unwahrscheinlich, dass alles für den Rest meines Lebens ohne weitere OPs funktioniert.

Für eine weitere Sache, die mich durchaus beunruhigte, ist das Gespräch zusätzlich gut: Im Laufe einer Woche entstand in meiner Narbe eine blutige Blase (siehe Foto). Sie tut nicht weh, aber öffnet sich nach einigen Tagen, sodass eine ca. 5x5mm große offene Stelle entsteht Diese verheilt unter einem kleinen Verband innerhalb von 2 Wochen.

J-Pouch Erfahrungsbericht Blutblase in Narbe
Bild aus Teil 27, 4 Monate nach der Rückverlegung.

Die Chirurgin kann allerdings Entwarnung geben, als sie sich die offene Stelle anschaut: keine Fistel oder derartiges, sondern höchstwahrscheinlich nur Reste von Fäden, die herauswachsen. Dass das ein ganzes Jahr dauern kann finde ich ziemlich beeindruckend. Die Wunde verheilt ohne Probleme und ca. 4 Wochen später wiederholt sich das ganze Spiel nochmal im oberen Teil der Narbe. Ich bin mal gespannt, ob es jetzt dabei bleibt.

Wie es mir geht

Ansonsten geht es mir gesundheitlich weiterhin einwandfrei. Mein Training zeigt erste Wirkung und ich bin zunehmend fitter. Zum Joggen reicht es noch immer nicht, aber dafür war ich Ende 2022 erstmals seit Sommer 2020 wieder in den Bergen unterwegs. Winterlicher Sonnenaufgang nach 700hm, inklusive Fahrt 7h unterwegs, keine Toiletten-Pause:

Ansonsten gibt es zu diesem Punkt nicht viel zu sagen, da ich im Alltag praktisch keinerlei Einschränkungen verspüre. Bewusst zurückhalten muss ich mich nur beim Sport. Nach dem Hinweis auf das Risiko einer Hernie wird das auch so bleiben.

Wie der Bauch aussieht

Auch hier gibt es ein Update analog zum letzten Teil:

An den Narben tut sich nicht mehr so viel, zumindest ist das mein Gefühl. Als ich mir gerade aber die Bilder aus dem letzten Teil des J-Pouch Erfahrungsberichts angeschaut habe, ist schon deutlich aufgefallen, dass sie viel heller geworden sind.

Beim Training halte ich den Bauch weiterhin komplett raus und trage die Bandage. Nach dem Hinweis der Chirurgin wird das auch erstmal so bleiben, denke ich.

Der nächste Bericht wird vielleicht ein bisschen auf sich warten lassen, da bezüglich J-Pouch aktuell zum Glück nichts ansteht. Schlecht für den Spannungsbogen, aber gut für mich. Und Spannung gab’s hier denke ich sowieso schon viel mehr, als je gewollt war. 😉
Solange also kein neuer Teil kommt, ist alles auf dem hier beschriebenen Stand. Wenn sich was ändert, bekommt ihr es aber selbstverständlich mit.

Außerdem werden natürlich weiterhin wie gewohnt andere Artikel kommen, vermutlich ungefähr monatlich. Also bleibt gern dabei!

Bis dahin,

Lasse

Quellen:
[1] Dafnis G: Functional Outcome and Quality of Life after Ileal Pouch-Anal Anastomosis within a Defined Population in Sweden. Dig Dis 2019;37:1-10. doi: 10.1159/000491921

Alle Beiträge der Serie „J-Pouch Erfahrungsbericht“ findest du auf der Übersichtsseite.

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    6 Antworten auf „J-Pouch Erfahrungsbericht #28: Ein halbes Jahr mit Pouch“

    Hey Lasse, ich Lebe auch mit einem J-Pouch.
    Nun im 3.Monat
    Zum Thema Loperamid:
    Ich habe relativ früh angefangen die zu nehmen, weil die Wirkung sehr viel Versprechend ist.
    Ich bin Pharmazeut und weiß auch deren Nebenwirkungen, diese sind für uns sehr gering und zum teil Irrelevant, da die einzig schlimmere Nebenwirkung sich auf einen Ileus im Dickdarm bezieht, diesen besitzen wir ja nicht mehr.
    Und bei sehr hohen Dosierungen
    QT-Verlängerung, die sich aber schnell stabilisieren nach Reduktion.

    Ich nehme, je nach dem wie mein Ernährungsplan aussieht (wollte rasch wieder zunehmen also viele Mahlzeiten) zwischen 3-10 stück am Tag.

    Also brauchst du keine Bedenken haben, bei der Einnahme vom Loperamid.

    Und danke für deine Berichte, die hatten mir vor der Op die Angst genommen.

    Mfg
    Manu

    Hey Manu,

    Danke, dass du dein Expertenwissen teilst! Aktuell habe ich keinen Bedarf nach Loperamid, da sich der Pouch gut eingependelt hat. Aber super gut zu wissen, falls ich es dann doch mal brauche. 🙂
    Schön, dass du dabei bist und der Blog dir helfen konnte!

    Hi Lasse,
    Ich wollte dich mal fragen wie deine Ernährung aktuell aussieht.
    -wie viele Mahlzeiten am Tag
    -beginnst du zu einer bestimmten Zeit oder hörst zu einer bestimmten Zeit auf zu essen?
    -welche Lebensmittel du sehr gut verträgst, welche vielleicht nicht so gut? (wie steht es um die generell ungesunden Lebensmittel? Fritiertes, Süßes etc.) Falls du mal etwas isst, was du nicht so gut verträgst, macht sich das dann nur in der Stuhlfrequenz bemerkbar oder hast du dann auch Krämpfe/Bauchschmerzen?
    -Wie sieht es mit Alkohol aus, verzichtest du immer noch komplett darauf?

    Ich fand deinen Blog echt sehr interessant. Ich bin gerade in der Entscheidungsphase, mir steht sozusagen noch einiges bevor. Der OP Termin für die erste OP ist aber schonmal provisorisch für den 11.08 beim Herrn Prof. Kroesen vereinbart. Mal schauen was kommt

    Liebe Grüße
    Philipp

    Hey Philipp,

    Danke für das gute Feedback!
    In Köln bist du definitiv in guten Händen. Falls es soweit kommt, wünsche ich dir schonmal viel Erfolg!

    Das mit der Ernährung ist glaube ich ein sehr individuelles Thema, deshalb weiß ich nicht, wie gut man da verallgemeinern kann.
    Ich persönlich bin allerdings sehr zufrieden und nur minimal eingeschränkt.
    Seitdem ich den Pouch habe, bekomme ich schneller wieder Hunger als davor. Deshalb esse ich möglichst viele Mahlzeiten und Snacks über den Tag verteilt (Auch immer noch, um nach den 2 Jahren Krankheit wieder zuzunehmen).
    Ich vertrage generell alles sehr gut und ohne wirklichen Unterschied zu vorher; also auch ungesunde/fettige/süße Lebensmittel. Ich achte aber darauf, immer sehr gut zu kauen und langsam zu essen (v.A. bei Nüssen und anderen schwer verdaulichen Dingen).
    Die einzigen Einschränkungen sind sehr faserige Lebensmittel, die versuche ich komplett zu vermeiden, da sie quasi nicht verdaut werden und zu Bauchschmerzen führen. Das sind z.B. Rucola, Pilze, Mais oder Kohl.
    Einen wirklichen Zusammenhang zwischen Ernährung und Stuhlfrequenz habe ich bisher nicht beobachtet; die ist ziemlich konstant.
    Auf Alkohol verzichte ich weiterhin komplett. Das ist aber nicht durch schlechte Erfahrungen mit dem Pouch begründet. Wenn man will, sollte auch Alkohol vermutlich kein Problem sein.
    Das ist aber ein ziemlich großes Thema. Vielleicht sollte ich da bald mal einen extra Artikel zu schreiben… 😀

    Hey Lasse,
    ich wurde auch in Köln operiert, hatte im Januar meine RV. Bin im Großen und Ganzen zufrieden, es ist sicherlich aber auch noch Luft nach oben.
    Du hast geschrieben dass du in München bei ner ärtzin/Chirurgin bist, die sich offensichtlich mit Pouch auskennst. Wo bist du da?
    Ich war schon bei 4 Ärzten in der Umgebung aber leider hatten alle wenig Erfahrung mit Pouch und bin dringend auf der Suche.

    Hallo Eva,

    ich war in München bei Prof. Dr. med. Franz Bader vom Isarklinikum und Dr. med. Petra Zimmermann vom LMU-Klinikum. Beide kennen sich auf jeden Fall aus. Ich hatte mich für die OP nur wegen der noch höheren Fallzahl für Köln entscheiden.
    Viel Erfolg!
    Lasse

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