Der zweite Versuch zur Stoma-Rückverlegung ist überstanden und mein Pouch nun endlich in Betrieb. In den ersten Tagen nach der Operation reduziere ich die Schmerzmittel und beginne mit dem Kostaufbau. Kommt es auch dieses Mal wieder Komplikationen? Oder bin ich nach fünf Operationen nun endlich am Ziel? Teil 25 des J-Pouch Erfahrungsberichts beschreibt die erste Woche meines Lebens mit Pouch.
Samstag 05.06., Tag 1
Mein erstes Frühstück mit Pouch besteht aus 100g Vanillepudding (neben Flüssignahrung das einzige Essen bis Dienstag, auf die Krankenhausbrühe verzichte ich meinem Magen zur Liebe). Wirklich Appetit habe ich noch nicht, esse ihn aber trotzdem. Ansonsten geht es mir grundsätzlich ganz gut. Die Schmerzen sind unverändert gut auszuhalten (0-4/10) und ich bin schon wieder ziemlich mobil. Das ist auch nötig, da ich ab dem Mittag des ersten Tages mit dem Pouch ca. alle 2h aufs Klo muss.
Das tut ähnlich weh, wie mit der Colitis Ulcerosa im aktiven Schub und fühlt sich anfangs wirklich komisch an. Man hat kein wirkliches Gefühl im Pouch und muss die Kontrolle darüber erst lernen. Ist ja auch logisch, der Körper besitzt damit quasi ein neues „Organ“, dass er nicht kennt. Bei mir hält der Pouch allerdings von Anfang an dicht und ich hatte bisher keinerlei Kontinenzprobleme. Hoffen wir, das bleibt so!
Sonntag 06.06., Tag 2
An Tag zwei wird erstmals das Pflaster gewechselt und die Wunde begutachtet. Sie scheint gut zu heilen und zeigt keine Entzündung. Auf den Bildern sieht es nicht ganz so extrem aus, aber der Bauch ist an der Naht sehr hügelig. Beide Enden sind richtige Beulen und die Mitte ein ziemliches Tal:
Diese Verformung des Bauchs ist allerdings normal und entsteht, weil das runde Stoma mit einer Naht gerade zugenäht wird. Mit der Zeit soll sich die Haut aber wieder geradeziehen. An der Wunde habe ich die gesamte Zeit über nahezu keine Schmerzen.
In der Nacht von Sonntag auf Montag bekomme ich jedoch starke Bauchkrämpfe, die man auch deutlich von außen sehen kann. Sie sind nicht schmerzhaft, sondern fühlen sich eher an, wie ein zuckender Muskel. Ein Arzt kommt zur Blutabnahme und tastet den Bauch ab. Es fühlt sich alles weich an, ich bekomme Buscopan als Infusion und ein paar Stunden später wird es auch besser. Die Blutwerte waren auch okay. Also nichts ernstes. Die Krämpfe kommen in der Form auch nicht wieder vor.
Im Laufe der Nacht muss ich mich außerdem noch zwei Mal übergeben. Aufgrund der Wunde am Bauch war das zwar ziemlich schmerzhaft (7/10) aber auch schnell vorbei. Die Übelkeit gehört bei Darm-OPs einfach dazu und ist bei ausreichend Bewegung meist nach 2-3 Tagen auch wieder weg. So war es auch bei mir dieses Mal.
Montag 07.06., Tag 3
Am Montag bin ich schon wieder ziemlich fit und über das gesamte Krankenhaus hinweg unterwegs. Die Schmerzpumpe habe ich seit Sonntagmittag nicht mehr benutzt, sodass ich sie auch direkt abgebe. Ich habe ein gutes Gefühl und will das den Ärzten gegenüber auch klar kommunizieren.
Das heißt allerdings nicht, dass alles einwandfrei ist: Im Bauch merke ich gefühlt jede einzelne Bewegung von Darm und Pouch. Diese leichten Krämpfe halten nur kurz an, sind aber ziemlich unangenehm. Dass der Pouch „voll“ ist, merke ich durch stechenden Schmerz im unteren Bauch (4/10). Die Stuhlgänge erinnern an die Zeit mit Colitis und sind ebenfalls von stechenden Schmerzen begleitet (3/10). Wegen des hohen Anteils von Magensäure im Stuhl ist der Po ebenfalls wund. Dagegen bekomme ich Zinksalbe, die recht gut hilft.
Insgesamt sind die Schmerzen aber wirklich gut auszuhalten. Ich fühle mich nicht annähernd so schlecht, wie nach der Kolektomie oder der Pouch-OP.
Obwohl ich seit Donnerstag nahezu nichts esse und nur wenig trinke, verliere ich über den Pouch viel Flüssigkeit. Rund 15 Mal am Tag muss ich aufs Klo.
Dienstag 08.06., Tag 4
An Tag 4 nach der OP gibt es erstmals wieder feste Nahrung. Das Frühstück besteht aus einer Scheibe Weißbrot mit Marmelade. Mittags gibt es Pudding und Kartoffelpüree, abends wieder Brot. Ich habe wieder Appetit und vertrage das Essen gut.
Da die Stuhlgänge immer noch sehr wässrig sind und ich nicht möchte, dass dieses Problem wie bei der letzten OP erst kurz vor meiner geplanten Entlassung entdeckt wird, spreche ich es frühzeitig an. Deshalb bekomme ich ab Dienstag direkt geriebenes Apfelpulver zu jeder Mahlzeit, um die Flüssigkeit im Darm zu binden. Zusammen mit der festen Nahrung zeigt dies schnell Wirkung. Ich muss „nur“ noch rund 12 Mal täglich und verliere weniger Wasser.
Mittwoch 09.06., Tag 5
Die Tage werden zunehmend ereignisloser, was ein sehr gutes Zeichen ist. Nachdem ich am Montag mehr oder weniger selbstständig begonnen habe, meine Schmerzmittelinfusion schrittweise zu drosseln (wovon ich an dieser Stelle natürlich dringend abrate), bin ich am Mittwoch von 70ml/h auf 15ml/h Novalgin runter. Nach Rücksprache mit der Visite gebe ich die Infusion ab und werde auf Tabletten umgestellt. Schmerztechnisch funktioniert das einwandfrei.
An dieser Stelle aber ein kleiner Tipp: Es ist wichtig, nach einiger Zeit von den Schmerzmitteln wegzukommen. Allerdings ist das nur sinnvoll, wenn man keine Schmerzen mehr hat und der Trend auch in die richtige Richtung zeigt. Mein Zimmernachbar hat am Abend nach der OP alle Schmerzmittel verweigert und abstellen lassen, weil ihm davon schwindelig werden würde und er sowas noch nie gebraucht hätte. Es hat keine 4 Stunden gedauert, bis er es sich anders überlegt hat… 😉 Und auch das schnelle Mobilisieren funktioniert nur, wenn man halbwegs laufen kann. Also lieber erstmal alles machen wie vorgeschlagen und dann nach einigen Tagen langsam reduzieren, wenn man sich gut genug fühlt.
Damit bin ich am Mittwoch allerdings quasi „fertig“: Der Kostaufbau funktioniert, ich bin auf Tabletten umgestellt, die Wunde sieht gut aus, ich bin mobil, muss „nur“ noch 12 Mal täglich aufs Klo und habe keine Zugänge oder sonstige Schläuche mehr. In der Visite heißt es deshalb: „Wir nehmen noch einmal Blut ab und wenn alles passt, können Sie Ende der Woche nach Hause.“ Ich kann es selbst kaum glauben!
Donnerstag 10.06., Tag 6
Und tatsächlich kommt es dann so, wie nach all meinen Komplikationen wirklich niemand erwartet hat: Alle Blutwerte sind in Ordnung und ich werde am Tag 6 nach der Stoma-Rückverlegung entlassen. Damit bin ich sogar einen Tag früher fertig, als für die OP eigentlich geplant ist.
Es ist kaum zu glauben, aber ich scheine es wirklich geschafft zu haben. Auf den Tag genau 365 Tage nach der Aufnahme für die erste Operation und insgesamt 5 Operationen später verlasse mit funktionierendem J-Pouch das Krankenhaus Köln Porz. Schon jetzt fühlt sich die Zeit wie ein surrealer Traum an. Aber es ist geschafft!
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Ich bin einfach schonmal optimistisch und verkünde, dass damit das Kapitel „mein Weg zum J-Pouch“ zu Ende geht. Es hat gedauert, es gab Höhen und Tiefen aber nun bin ich da, wo ich hin wollte. Und zum Abschluss habe ich noch einmal bewiesen, dass OPs nicht nur schlechter, sondern auch besser als erwartet verlaufen können. Falls du also noch vor der Entscheidung für oder gegen den Pouch stehst, lass dich nicht verunsichern. Mein Verlauf war definitiv nicht der Normalfall.
Für diesen Erfahrungsbericht bedeutet das allerdings nicht das Ende, sondern vielmehr den eigentlichen Start. Ob sich der Weg gelohnt hat, wird sich nämlich erst jetzt zeigen. Führt der Pouch zurück zur Lebensqualität? Hält er überhaupt langfristig? Ich weiß es nicht, werde an dieser Stelle aber weiterhin mehr oder weniger regelmäßig von meinen Erfahrungen berichten. Es kann bis zu 12 Monate dauern, bis der Körper sich an sein neues „Organ“ gewöhnt hat. Damit ist weiterhin Geduld nötig.
Trotzdem bedanke ich mich schon einmal bei allen, die meine Berichte über die Zeit hinweg verfolgt haben! Danke an alle, die mitgefiebert, an mich gedacht und die Daumen gedrückt haben! Und natürlich danke an die Ärzte, Ärztinnen, Pfleger und Pflegerinnen des Krankenhauses Köln Porz. Ich hätte mir keine kompetentere Behandlung und Pflege vorstellen können.
Deshalb gilt mein besonderer Dank:
- Chefarzt Prof. Dr. Kroesen,
- Oberarzt Dr. Jaschke,
- Oberärztin Dr. Kurscheid,
- Oberarzt Dr. Wilbert,
- Frau Dr. Dietz,
- Frau Dr. Lemm,
- und dem Pflegepersonal von Station 11!
Wie schon gesagt, wird dieser Blog natürlich weitergeführt. Wenn alles klappt, werde ich zukünftig allerdings wieder zunehmend zurück ins Leben kommen und damit auch weniger Zeit haben. Verzeiht mir also, wenn es hier mal eine Weile etwas ruhiger ist. Ich werde alle wichtigen Entwicklungen hier teilen und habe das auch langfristig vor. Um ganz sicher nichts zu verpassen, scrolle einfach ein Stück runter und trage ich in den Mail-Newsletter ein. Dann bekommst du auf jeden Fall Bescheid, wenn neue Beiträge kommen.
Bis dahin alles Gute!
Lasse
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2 Antworten auf „J-Pouch Erfahrungsbericht #25: Die ersten Tage mit Pouch“
Hey Lasse, das liest sich einerseits super, aber man erahnt auch die Strapazen. Mein Bruder musste den gleichen Weg gehen (OPs in Bonn) und laboriert immer noch rum. Nun gibt es trotz Pouch wieder Biologika, aber seine Lebensqualität ist sooooo viel besser. Mir half es immer, Deinen Blog zu lesen. So fühlte sich der Weg als Angehörige nicht ganz so einsam an und ich konnte schauen, wie es in deinem Fall läuft. Wie geht es dir jetzt?
Hallo Katinka,
vielen Dank für das positive Feedback und schön, dass dir meine Artikel helfen konnten.
Ich wünsche deinem Bruder natürlich alles Gute!
Mir geht es nach wie vor gut, zumindest den Umständen entsprechend. 🙂
Sobald ich die Zeit finde, werden auch weitere Teile folgen. Wenn du nichts verpassen willst, trag dich gern in den kostenlosen Newsletter ein.
Alles Gute,
Lasse