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Operation J-Pouch

J-Pouch Erfahrungsbericht #12: Der Tag vor der 2. OP

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Die Zeit verging viel schneller als erwartet und vielleicht auch schneller als mir lieb ist. Aber es ist wirklich schon wieder so weit: Heute ist der 22.09.2021 und ich befinde mich mal wieder (zum 5. Mal dieses Jahr) im Krankenhaus. Hier in Köln-Porz soll mir morgen durch Prof. Anton Kroesen ein sogenannter J-Pouch angelegt werden. Diese Operation ist unter Chirurgen als sehr anspruchsvoll bekannt und entscheidet über meine spätere Lebensqualität. Wie die Tage vor der OP verliefen und wie es mir jetzt kurz davor geht, beschreibt dieser mittlerweile zwölfte Teil meines J-Pouch Erfahrungsberichts.

„Gehe zurück auf Los, ziehe keine 400€ ein“

Die vergangenen Tage kurz vor der zweiten Operation waren gleichzeitig schön und herausfordernd. Schön, weil ich mit dem Stoma und ohne die chronische Entzündung mein Leben wieder nahezu wie vor der Erkrankung leben konnte. Vieles war wieder möglich, nachdem ich ewig darin eingeschränkt war und ich hatte einen super Sommer. Auch die Heimreise für die Operation war fast so, als wenn nie etwas passiert wäre: Ich konnte problemlos mit dem Zug anreisen, vor der OP noch ein Seminarwochenende einschieben und dort sogar Präsentationen halten, ohne, dass jemand meine derzeitige „Behinderung“ überhaupt bemerken konnte.

Hinzu kommt, dass meine aktive Regeneration langsam erste Ergebnisse zeigt. Ich halte mein Gewicht und habe sogar wieder erste Muskelmasse aufgebaut. Soweit also alles top und ich würde am liebsten einfach direkt so weitermachen.

Stattdessen wird morgen vermutlich ein Großteil dieser Vorteile wieder zurückgesetzt.

Ab morgen werde ich vermutlich erstmal wieder kaum aufstehen und laufen können. Ich werde mit der Ernährung wieder bei null anfangen müssen. Ich bekomme ein neues (und anderes) Stoma, an welches ich mich von neuem gewöhnen muss und mit dem viele Patienten mehr Probleme haben, als mit dem, das ich aktuell habe. Ich werde wieder Gewicht verlieren und Muskeln abbauen. Ich werde vorerst wieder auf andere angewiesen sein.

Das ist natürlich weder für mich, noch für meine Freundin oder meine Freunde und Familie sonderlich schön. Alle (inkl. mir) haben es gerade erst genossen, dass ich wieder wirklich fit war. Da fällt dieser Schritt natürlich nicht unbedingt leicht.

Trotzdem wissen wir alle, wofür ich das tue. Keiner garantiert, dass es mit dem J-Pouch am Ende auch wirklich besser ist, als mit einem Stoma. Aber ich will es zumindest versuchen. Zurück kann ich notfalls dann immer noch. Deshalb musste ich mich mal wieder von allen verabschieden und mich durch die OP ein weiteres Mal zurücksetzen lassen. Was aber feststeht: Ich habe die Regeneration einmal gepackt und ich werde sie wieder schaffen. Und wenn das hinter mir ist, dann ist der Großteil geschafft und das letztendliche Ziel ein großes Stück nähergekommen. Und deshalb liege ich, auch wenn es schwerfiel, ein weiteres Mal hier im Krankenhausbett und warte darauf, dass es losgeht.

J-Pouch Erfahrungsbericht 12

Ruhe vor dem Sturm

Zum Tagesablauf vor der OP schreibe ich dieses Mal nicht mehr viel, weil er sich in vielen Punkten nicht wirklich vom Tag vor der ersten OP unterschieden hat. Dazu findet ihr hier bereits einen ausführlichen Bericht. Stattdessen will ich kurz hervorheben, was dieses Mal anders läuft:

  • Mein Ruhepuls im EKG liegt bei 70 statt 130 (wie noch im Juni). Das ist schonmal ein deutliches Zeichen, dass mein Gefühl bestätigt: Ich fühle mich nicht nur fitter, ich bin es auch.
  • Die Schmerzmittel bekomme ich dieses Mal nicht über eine Schmerzpumpe in die Venen. Stattdessen erhalte ich kurz vor der Operation und noch ohne Narkose einen sogenannten PDK. Dieser Katheter wird zwischen zwei Wirbel der Rückenwirbelsäule gelegt und leitet die Schmerzmittel direkt zu den Nerven. Damit wird das Gefühl in der unteren Körperhälfte betäubt. Bei guter Dosierung spüre ich damit keine Schmerzen, kann mich aber noch ausreichend bewegen. Die Blase spürt man allerdings auch nicht mehr, sodass ich dieses Mal auch einen Urinkatheter durch die Bauchdecke bekomme. Für die Infusionen und die Narkose kommt dann wahrscheinlich noch ein Katheter an der Halsschlagader (ZVK) dazu. Mit dazu noch zwei Schläuchen am Po wache ich morgen also nochmal ein wenig stärker verkabelt auf, als im Juni. Wenn alles klappt, dann kommt der Großteil nach vier Tagen aber wieder raus.
  • Die OP ist für 3-4 Stunden angesetzt und als erste oder zweite am Morgen geplant.
  • Die voraussichtliche Aufenthaltsdauer nach der OP liegt bei rund 10 Tagen.
  • Nicht geändert hat sich das fehlende Internet auf den Stationen. Das Krankenhaus Köln-Porz lebt diesbezüglich also weiterhin bequem in der Steinzeit. Vielleicht soll das ja auch eine Motivation sein, sich als Patient möglichst früh zu bewegen und in die Free-Wifi-Zone im Eingangsbereich zu schleppen…

Insgesamt kenne ich also schon vieles vom letzten Aufenthalt hier. Dennoch wird es morgen wieder spannend und auch einige neue Dinge kommen auf mich zu. Ich lasse es auf mich zukommen und versuche die letzten Stunden noch zu genießen. Die Aufregung hält sich in Grenzen; nur der Katheter in meine Wirbelsäule sorgt nicht unbedingt für Vorfreude. Hoffentlich ballert das Schmerzmittel dann wenigstens ordentlich 😉

Bei einem meiner Zimmernachbarn wurde heute Vormittag die gleiche Operation durchgeführt; er wurde gerade aus dem Aufwachraum wieder ins Zimmer verlegt. Damit sind wir ab morgen ungefähr gleich auf und ich habe einen Leidensgenossen. Mal schauen, ob das hilft. Gleichzeitig habe ich beim Warten aber auch schon mit einer Patientin gesprochen, die denselben Weg hinter sich hat, mir aber schon 5 OPs voraus ist. Wie man bei 3 OPs insgesamt mir 5 im Voraus sein kann? Ihr Pouch hat nach 2 Jahren aufgegeben und seitdem wird in weiteren Operationen laufend korrigiert. Mittlerweile habe ich aber genug Geschichten im Krankenhaus kennengelernt, um mich nicht verunsichern zu lassen. Das Leben gibt nunmal keine Garantien. Aber eins nach dem anderen. Ich bin bislang ja voll im Plan.

Wie schon beim ersten Mal gilt: Ich werde über Alles so berichten, wie es passiert. Es gibt leider kein Drehbuch (und wenn kenne ich es nicht), sodass die nächsten Berichte eventuell ein bisschen auf sich warten lassen können. Ich verspreche euch, dass ich wieder schreibe, sobald ich dazu fit genug bin. Bis dahin habe ich jetzt erstmal andere Sorgen! 😉

PS: Falls euch in der Zwischenzeit langweilig werden sollte, findet ihr mittlerweile auch auf der Website des Pharmaunternehmens AbbVie eine Kurzvorstellung zu mir und meinem Blog. Ich freue mich sehr, dort als Teil der CED-Community genannt zu werden und kann euch die Website guten Gewissens empfehlen.

PPS: Vielen Dank an Alle, die in den letzten Tagen an mich gedacht oder sich gemeldet haben und mir morgen die Daumen drücken. Mit so viel Support kann es nur gut klappen!

Alle Beiträge der Serie „J-Pouch Erfahrungsbericht“ findest du auf der Übersichtsseite.

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    2 Antworten auf „J-Pouch Erfahrungsbericht #12: Der Tag vor der 2. OP“

    Servus Lasse,

    Es tut so gut endlich jemanden im Internet gefunden zu haben der etwa in meinem Alter ist und exakt das gleiche durchmachen muss.
    Ich bin Benni, bin 19 Jahre alt und habe am 13.10. ebenfalls die 2. OP vor mir. Meine Leidensgeschichte ist identisch mit deiner. 2019 der erste richtige Schub und die Diagnose CU. Ab Silvester 2020/21 wurde es dann extrem schlimm, alle Therapien wurden probiert, nix hat geholfen, sodass ich mich im Mai 2021 zu der OP beschloss und seit dem auch ein Stoma habe. Wie gesagt in in knapp zwei Wochen wird bei mir der J-Pouch gebildet…
    Mir ging es nach der 1.OP mit dem Stoma auch viel besser, der Sommer war toll und ich habe ebenfalls wieder mit Krafttraining angefangen und wiege 71kg. Ich hab jetzt ehrlich auch keinen Bock wieder ins Krankenhaus und dieses ganze Verkabelung gedöns mitmachen zu müssen. Der Blasenkatheter und PDK hatte ich bei der ersten OP schon…
    Aber mich würde es extrem freuen, wenn du mir ein paar genauere Details zukommen lassen könntest, vielleicht auf Instagram?:)
    Dort heiße ich ben.utzer.11
    Falls nicht ist das natürlich auch kein Problem aber du würdest einen Leidenskumpanen extrem erleichtern mit der Wahrheit…
    Dass alles gut wird und nicht so schlimm höre ich oft genug. Mich interessieren die genaueren unschöneren Details. Aber ich will dir da natürlich auch in keiner Weise zu nahe treten.
    Ich wünsche dir gute Besserung viel Kraft, alles erdenklich Gute der Welt und gaaaanz viel Gesundheit Bro!!!

    Hey Benni,
    Danke für deinen Kommentar! Geschichten wie deine sind genau der Grund, aus dem ich das hier gestartet habe. Und unsere Verläufe ähneln sich ja wirklich extrem! 😀 Dann hast du auch schon einiges durchgemacht und mit der ersten OP viel geschafft. Großen Respekt dafür!
    Gerne kann ich dir schonmal vorab zu den kommenden Berichten berichten, ich schreibe dir da Mal eine Mail zu.

    Alles Gute!
    Lasse

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