Kategorien
Operation J-Pouch

J-Pouch Erfahrungsbericht #11: 2 Wochen vor der 2. OP

Teile diesen Artikel:

Die Pause verging schneller, als gedacht und nun ist es bald schon wieder Zeit für die zweite meiner Operationen. Aus chirurgischer Sicht ist sie die schwierigste und gleichzeitig für das spätere Endergebnis die wichtigste der drei OPs. Im elften Teil meines J-Pouch Erfahrungsberichts teile ich mit euch, wie es mir nach der knapp 3-monatigen Erholungspause seit der Kolektomie geht und was genau in zwei Wochen überhaupt gemacht wird.

Wie es mir geht

Der positive Trend, von dem ich sechs Wochen nach der ersten OP geschrieben habe, hat sich glücklicherweise fortgesetzt. Mittlerweile sind alle Beschwerden, die durch die OP kamen, wieder weg. Auch mit den Flüssigkeitsansammlungen im Bauch gab es keine Probleme mehr; sie scheinen sich von alleine erledigt zu haben.

Natürlich ist das Leben mit Stoma anders und es haben sich durchaus Dinge geändert. Trotzdem bin ich im Moment absolut zufrieden, komme gut zurecht und fühle mich wirklich kaum eingeschränkt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war die Entscheidung zur chirurgischen Therapie meiner Colitis Ulcerosa also richtig.

Das sagt natürlich nicht viel aus, da es ja letztendlich darauf ankommt, wie es mir nach allen drei Operationen geht. Es ist aber schön zu wissen, dass es auch nach den unangenehmen zwei Wochen im Krankenhaus schon kurze Zeit später wieder um Welten besser aussehen kann. Es lohnt sich also, die Zähne zusammenzubeißen, sich zurückzukämpfen und geduldig zu sein.

Vor allem die Geduld wird auf meinem aktuellen Weg wirklich gefordert. Und zwar nicht nur meine, sondern auch die der Menschen um mich herum. Seit Dezember 2020 bin ich mehr oder weniger durchgehend krank; das sind mittlerweile über neun Monate. Vor mir stehen noch zwei Operationen, dazwischen eventuell wieder einige Monate Pause und am Ende bis zu 12 Monate Eingewöhnungsphase bis dann hoffentlich alles klappt. Es kommt also noch einiges auf uns zu.

Zusätzlich fällt es natürlich nicht unbedingt leicht – nach der Regeneration seit der OP im Juni – jetzt mit der zweiten OP wieder zurück auf Null gesetzt zu werden. Viel lieber würde ich es weiterhin genießen, endlich wieder was unternehmen und Sport machen zu können. Stattdessen geht es aber am 22.09. wieder zurück ins Kölner Krankenhaus. Die Begeisterung hält sich absolut in Grenzen, aber ich weiß ja, wofür ich es letztendlich tue. Die Zeit seit Juni hat nämlich gezeigt: Auch ohne Dickdarm kann das Leben sehr gut weitergehen.

Was auf mich zukommt

In einem meiner ersten Beiträge auf diesem Blog hatte ich bereits einmal beschrieben, welche verschiedenen Abläufe es bei den Colitis Ulcerosa Operationen gibt. Der Grund war, dass ich mich zu der Zeit selbst gerade erst informiert hatte, um die Entscheidung für oder gegen die OP mit Sicherheit treffen zu können. Trotzdem möchte ich noch einmal kurz erklären, was am 23. September genau gemacht wird.

Was nicht gemacht wird

Davor möchte ich aber nochmal kurz klarstellen, was nicht gemacht wird. Wenn ich von der OP erzähle, wird dies oft falsch verstanden; vermutlich weil es auch einfach crazy ist, was die Medizin mittlerweile alles kann:

  • Ich bekomme keinen „künstlichen Darm“ im Sinne einer Prothese oder analog eines künstlichen Gelenks. Mir wird also kein Plastikschlauch oder sonst was in den Bauch gebastelt.
  • Ich bekomme auch keine Transplantation eines fremden Dickdarms oder meines eigenen Körpergewebes.
  • Und nein, ich habe wirklich gar keinen Dickdarm mehr und werde auch nie wieder einen bekommen. Es wurde nicht nur ein Teil entfernt (wie bei anderen Krankheiten möglich), sondern der komplette Dickdarm, so wie es bei OPs zur „Heilung“ von Colitis Ulcerosa auch eigentlich immer gemacht wird. Zum Glück ist der Dickdarm eins der wenigen Organe, auf das der Körper auch komplett verzichten kann.

Was wird denn dann gemacht?

Der J-Pouch, von dem ich hier immer schreibe, wird in der zweiten OP aus dem Ende meines eigenen Dünndarms gemacht. Es kommt also nichts Künstliches in den Körper. Dieses „Machen“ erfordert aber einen sehr fähigen und erfahrenen Chirurgen. Von der Qualität seiner Arbeit hängt ab, wie oft ich am Ende dieser ganzen Geschichte noch aufs Klo rennen muss und ob der Pouch überhaupt funktioniert. Die OP umfasst aber noch ein paar weitere Schritte davor und danach. Ganz stark vereinfacht, evtl. in der falschen Reihenfolge und nicht auf medizinischem Niveau erklärt, passiert folgendes:

j-pouch erfahrungsbericht
Was im Juni gemacht wurde (links) und was Ende September passiert (rechts). Vgl. [1]
  1. Mein Bauch wird wieder geöffnet (im Idealfall wieder minimalinvasiv).
  2. Das Ende des Dünndarms (aktuell als Stoma an der Bauchdecke fest) wird gelöst.
  3. Aus dem Ende des Dünndarms wird der J-Pouch gebastelt. Dazu wird es durch eine der Öffnungen aus dem Bauch gezogen, gefaltet, vernäht und so geschnitten, dass ein „Pouch“, also ein Hohlraum, der als Behälter funktionieren kann, entsteht.
  4. Das letzte Ende vom Dickdarm, das im Moment noch da ist (ca. 15cm) wird soweit wie möglich entfernt.
  5. Stattdessen wird dort der J-Pouch, an dem der Dünndarm hängt, befestigt.
  6. Ein weiter oben gelegenes Stück des Dünndarms wird dann aus dem Bauch herausgezogen und auf einer Seite geöffnet.
  7. Der offene Dünndarm wird dann als doppelläufiges Stoma an der Bauchdecke befestigt und die anderen Bauchöffnungen wieder geschlossen. Doppelläufig bedeutet, dass das Stoma zwei Öffnungen hat: Eine des von oben kommenden Dünndarms und eine nach unten hin zum J-Pouch. Da die Ausscheidungen im Stoma landen, bleibt das Stück zum J-Pouch hin leer und kann in Ruhe verheilen.

Eine so anspruchsvolle Operation bringt natürlich auch entsprechende Risiken mit sich. Diesbezüglich bin ich allerdings relativ beruhigt, da ich dem Chirurgen definitiv vertraue und er seit Jahren quasi wöchentlich J-Pouches baut. Und obwohl sie chirurgisch anspruchsvoller ist, beansprucht die zweite OP den Körper weniger stark. Dies liegt vor allem daran, dass es weniger Wundflächen gibt. In der erste OP wird der gesamte Dickdarm freigeschnitten, sodass das Gewebe überall im Bauch heilen muss. Bei der zweiten OP ist der Eingriff nicht so umfangreich. Trotzdem ist aber auch die zweite Operation ein sehr großer Eingriff.

Wie ich mich vorbereite

Die Pause seit der Operation im Juni habe ich nicht nur zur Regeneration von der OP genutzt. Als es mir wieder gut genug ging, habe ich auch langsam damit begonnen, die Folgen des Colitis Ulcerosa Schubs rückgängig zu machen. Durch entsprechende Ernährung habe ich trotz des Stomas und fehlenden Dickdarms wieder bis auf 73kg zugenommen. Damit wiege ich ungefähr so viel, wie vor der ersten OP als ich aber noch einen Dickdarm hatte. Dieses Gewicht fühlt sich gesund an und kann ich problemlos halten.

fitness

Außerdem mache ich seit einigen Wochen wieder regelmäßig Kraftsport. Ich trainiere alles außer die Bauchmuskeln, da ich diese wegen des Stomas erstmal nicht belasten will. So fühle ich mich aber bereits innerhalb dieser kurzen Trainingszeit wieder energiegeladener und stärker, was ich auch im Alltag merke.

Dieser Fortschritt wird im Krankenhaus vermutlich leider wieder rückgängig gemacht. Allerdings habe ich so hoffentlich mehr Energie, von der ich zehren kann. So hoffe ich, dass ich die kommende OP besser vertrage und mir nervige Komplikationen dieses Mal erspart bleiben. Danach geht dann alles wieder von vorne los. Aber ich weiß jetzt auf jeden Fall, dass zwei Monate später alles schon wieder besser aussehen kann. Hoffen wir, dass das wieder so klappt. Die gute Zeit der letzten Wochen kann mir auf jeden Fall niemand mehr nehmen.

Quellen:

[1] M’Koma, A. et al. “Evolution of the restorative proctocolectomy and its effects on gastrointestinal hormones.” International Journal of Colorectal Disease 22 (2007): 1143-1163.

Alle Beiträge der Serie „J-Pouch Erfahrungsbericht“ findest du auf der Übersichtsseite.

Teile diesen Artikel:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert